"Vancouver - das wird eine Riesenparty"

In der AZ beschreibt Olympiasieger Markus Wasmeier die Faszination Abfahrt, das Nervenspiel und die Begeisterung der Sportfans in Kanada.
Das Feuer ist entfacht, jetzt geht es endlich los. Und das gleich richtig! Mit der Abfahrt der Männer am Samstag, für viele noch die Königsdisziplin bei Olympischen Spielen. Gerade die Kanadier sprechen viel davon, zweimal waren sie schon Gastgeber für Olympia, dabei haben sie noch kein einziges Mal Gold geholt. Darum wird es Zeit für sie, mit Manuel Osborne-Paradis haben sie auch einen der Mitfavoriten dabei.
Das ist ein gewaltiger Druck, der auf dem Burschen lastet, aber die Sportler aus Nordamerika hatten in diesem Punkt schon immer eine ganz andere Mentalität. Sie stellen sich ganz bewusst der Stress-Situation, der Favoritenrolle, das spornt sie eher an, als dass es sie verunsichert.
Mir selbst war das immer unangenehm. In Albertville 1992 bin ich nach meinen drei Trainingsbestzeiten dauernd auf meine Favoritenrolle hin befragt worden, das wurde mir auf Dauer richtig unangenehm, und prompt bin ich am Ende ohne irgendwas heimgefahren. Nur mit der blechernen Medaille, nach meinem vierten Platz. Denn wenn du dauernd die gleichen Fragen hörst, fangen irgendwann mal die Nerven zum Flattern an.
In Lillehammer ist es mir viel besser gelungen, was daran lag, dass es den Reportern nach dem Training bei minus 30 Grad auch oft zu kalt war, lange auf mich zu warten, um mir noch Fragen zu stellen. Ich konnte mich wunderbar abschotten, ich habe versucht, die Rennen zwar nicht wie ein Rennen beim Skiclub anzusehen, aber doch eher wie ein normales Weltcuprennen. Die gleiche Startvorbereitung, keine Hektik aufkommen lassen, weil das jetzt Olympia ist.
Dass es was besonderes ist, und eben doch was anderes als ein normales Weltcup-Rennen, das merkst du dann hinterher dafür umso mehr, bei dem ganzen Rummel und Trubel nach meinen beiden Olympiasiegen.
Nun, 16 Jahre später, werde ich oft gefragt, wann denn der nächste deutsche Alpinfahrer wieder Olympiasieger wird. Mit Ausnahme von Felix Neureuther, dem der große Triumph im Slalom durchaus zuzutrauen ist, sehe ich sonst leider keinen Kandidaten. In der Abfahrt haben wir nur Stephan Keppler, der ist aber eben auch alleine und hat keine Mannschaft um sich herum, wo man sich gegenseitig antreiben und nach vorne bringen könnte. Und vorerst ist da auch keiner in Sicht. Das ist sehr bedauerlich.
Abgesehen davon wird es noch einen großen Unterschied zu den Spielen von Lillehammer geben. Damals waren 80000 fachkundige Fans an der Strecke, lauter Experten, Sportinteressierte. Hier in Vancouver wird es eher so wie in Salt Lake City. Sie werden die Olympischen Spiele als Show sehen, als Event, sie werden den ganzen Tag alle Leute anfeuern und den Olympiasieger genauso bejubeln wie den Exoten aus Ghana, der mit einer halben Minute Rückstand ins Ziel kommt.
Ich freue mich schon sehr. Das wird eine Riesen-Party.
Markus Wasmeier