USA-Grand Prix: High Noon in Texas
In Austin kann sich Vettel am Sonntag den dritten Titel holen – Konkurrent Alonso provoziert derweil mit einem Paintball-Gewehr
AUSTIN Die Frage ist: Wer ist hier eigentlich das Kind? Am Donnerstag überraschte Jacques Villeneuve, der Weltmeister von 1997, mit seiner Aussage, Sebastian Vettel würde sich unter Druck benehmen wie ein kleines Kind. Im Duell um die WM drücke er darum Fernando Alonso die Daumen: „Wenn die Umstände gegen ihn sprechen, bleibt Fernando ruhig und cool, während Vettel meistens aufgebracht reagiert, herumschreit und den Mittelfinger streckt.” Alonso habe den Titel 2012 somit „eher verdient. Denn kein Zweifel: Er ist der Beste. Deshalb drücke ich ihm die Daumen”, so Villeneuve.
Kaum hatte Villeneuve das gesagt, sorgte Alonso für Wirbel. Via Twitter und Facebook schickte der Spanier ein Bild in die Welt, das Vettel wohl als Drohung verstehen sollte, aber in erster Linie nur albern war. „Bereit für die letzten 2 Rennen. Hahaha”, stand unter dem Bild, das Alonso mit Ferrari-Kollege Felipe Massa zeigte. Beide halten dabei entschlossenen Blickes Paintball-Gewehre in der Hand.
Wie auch immer. Klar ist, dass es spätestens am Sonntag ernst wird mit der Titelentscheidung. Beim vorletzten Rennen der längsten Saison aller Zeiten kann Vettel bei der Premiere in Austin/Texas zum dritten Mal Weltmeister werden. Vettel würde sich in Austin zum Titelträger krönen, wenn...
...er gewinnt und Alonso maximal Fünfter wird.
...er Zweiter wird und Alonso maximal Neunter.
...er Dritter wird und Alonso nicht in die Punkteränge kommt.
Vettel ist also in einer recht komfortablen Situation. Alonso ist derjenige, der ihn abfangen muss. Zumal auch Massa keine allzu großen Hoffnungen mehr zu hegen scheint, dass sein Teamkollege den Deutschen noch abfangen könnte. Er würde sein Geld auf Alonso setzen, sagte Massa pflichtschuldig, aber „nicht mehr als 100 Euro”.
Alonso übt sich derweil in Kampfansagen: „Unsere Stärke ist es, in den Rennen am Sonntag mehr Punkte als die anderen zu holen. Und ich bin sicher, das werden wir in den nächsten beiden Rennen tun”, sagte Alonso. Vettels Replik fiel simpel aus: „Die Punkte gibt es am Sonntag, nicht vorher”, sagte Vettel, der in Austin auch noch sein 100. Rennen feiert. Alonsos Psychospielchen schienen an Vettel in Austin jedenfalls abzuprallen. „Wenn wir morgens ins Fahrerlager laufen, haben wir keine Angst”, sagte Vettel, als er auf Alonsos Bild angesprochen wurde.
Zumal Vettel weiß, wie man Alonso schlägt. 2010 war der Spanier als Spitzenreiter in die beiden Schlussrennen gegangen und von Vettel doch noch überholt worden. Diesmal ist der Ferrari-Pilot der Jäger. „Entspannter, fokussierter, reifer” fühle er sich, versicherte Alonso in Austin – und ließ das Sticheln doch nicht.
Dabei haben die beiden durchaus einiges gemeinsam. „Beide sind hochintelligent, üben ihren Beruf mit Leib und Seele aus und sind auf ihre Art schonungslos”, beschrieb die BBC die Titelanwärter. Gewinnen kann aber nur einer.
Einen Tipp für den Ausgang des Zweikampfs wagen nicht einmal die Kollegen. „Die Karten liegen eher in Sebastians Hand”, meinte zumindest Rekordweltmeister Michael Schumacher. McLaren-Star Lewis Hamilton scherzte indes: „Setzt doch einfach Geld auf beide. Dann habt ihr in jedem Fall eine gute Gewinnchance.”