US-Präsident Donald Trump hat eine Vergangenheit im Radsport

Ende der 80er-Jahre entdeckte Donald Trump den Radsport für sich. Die "Tour de Trump" lockte die Stars und sollte der Tour de France Konkurrenz machen. Doch der spätere US-Präsident verlor schnell das Interesse - das vermeintliche Prestigeprojekt geriet in Vergessenheit.
sid |
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Washington - Donald Trump wäre nicht Donald Trump, wenn er nicht auch bei seinem Ausflug in den Radsport gleich den ultimativen Erfolg versprochen hätte.

1989, lange vor seinem Wechsel in die Politik, trat der heutige US-Präsident als Veranstalter der nach ihm benannten US-Rundfahrt "Tour de Trump" auf. "Dieses Event kann gewaltig werden. Es kann in Konkurrenz zur Tour de France treten", kündigte er vollmundig an, und es fällt einem nicht schwer, sich den Trump-typischen Duktus und die Gestik dazu zu denken. "Huge", "tremendous", "the best" - man kennt das ja inzwischen.

In einigen Jahren, so der damals "nur" als schwerreicher Unternehmer bekannte Trump, werde sein Rennen eine der "größten und bedeutendsten Radrundfahrten" der Welt sein. Wurde es natürlich nicht. Stattdessen nahm Trump nach zwei Jahren Abstand von seinem vermeintlichen Prestigeprojekt. Was bleibt, ist eine fast vergessene Erzählung von den Anfängen des Radsport-Booms in den USA, voller Beispiele für Trumps narzisstischen Größenwahn und gewürzt mit Anekdoten, die einen heutzutage zum Schmunzeln bringen - oder, mit Blick auf sein jetziges Amt,nachdenklich werden lassen.

"Willst du mich verarschen?"

Die Geschichte der Tour de Trump beginnt 1987. Ein Jahr zuvor hatte Greg LeMond als erster Amerikaner die Tour de France gewonnen. Und so wurde der amerikanische Reporter John Tesh nach Europa geschickt, um für den TV-Sender CBS über das größte Radrennen der Welt zu berichten. Tesh, der laut eigener Aussage nicht einmal einen "Fahrradreifen aufpumpen" konnte, war sofort angefixt von der heißen Atmosphäre am Straßenrand. "Warum nicht auch in den USA?", fragte er sich und fand mit Billy Packer, seines Zeichens Basketballkommentator und Unternehmer, einen umtriebigen Mitstreiter.

Auf der Suche nach Sponsoren stieß das Duo bald auf den Casino-Besitzer Trump, der sich bereits im American Football und im Boxen als Investor versucht hatte. Gelockt von der Aussicht auf Millionenzuschüsse schlugen Tesh und Packer den Namen Tour de Trump für ihre Radsport-Erfindung vor. "Ich bin fast vom Stuhl gefallen", erinnerte sich Trump später: "Ich sagte: 'Willst du mich verarschen? Die Medien bringen mich um, wenn ich diesen Namen benutze!'" Aber weil Trump selbst sein größter Fan ist, dauerte es nicht lange, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.

Und so klang "The Donald" beim Rühren der Werbetrommel vor dem Start der ersten Tour de Trump im Mai 1989 auch schon wieder ganz anders. "Der Name ist ein Plus. Wir haben ein Monster erschaffen", meinte er und fügte, angesprochen auf seine zunehmende Rolle als Sport-Mäzen, an: "Ich sehe mich nicht als Politiker. Ich sage meine Meinung vielleicht zu direkt. Ich glaube nicht, dass ein guter Politiker immer die Wahrheit sagen kann. Ich sage gern die Wahrheit." Ach ja?

Name war für mich egal

Die Route führte das Feld aus Amateurteams und echten Rad-Stars wie LeMond über zehn Etappen von New York nach Atlantic City - vor eines von Trumps Casinos. Auch der ostdeutsche Sprinter Olaf Ludwig, in der DDR gefeiert als "Eddy Merckx des Ostens", folgte dem Ruf des durchaus stattlichen Preisgelds und gewann in seinem ersten Profijahr im Dienst des niederländischen Teams Panasonic-Sportlife neben drei Etappen auch die Punktwertung (1990).

"Den Namen Donald Trump hatte ich vorher irgendwo mal gelesen, aber das Rennen habe ich rein sportlich gesehen", sagte Ludwig dem SID. Persönlich begegnete er Trump bei den Siegerehrungen trotz seiner Siege nicht. Unabhängig davon war das Rennen für den Thüringer, der sich für eine Tour-de-France-Nominierung im selben Jahr empfahl, ein voller Erfolg: "Es war gut organisiert und für mich ein großes Sprungbrett. Ob die Rundfahrt jetzt Tour de Trump oder Tour of Kentucky hieß, das war für mich egal."

Ganz ohne Störungen ging die Rundfahrt allerdings nicht über die Bühne. Beim Finale der ersten Etappe in der Studentenstadt New Paltz empfingen wütende Demonstranten den Tour-Tross. "Fight Trumpism", "The Art of Deal = The Rich get Richer", "Die Yuppie $cum", stand auf den Plakaten der Demonstranten. Trump war eben für sie damals der Inbegriff des sozial-unverträglichen Turbo-Kapitalismus.

Mexikaner gewinnt letzte Austragung

Nach nur zwei Jahren war der Spuk vorbei, Trump zog sich aus dem Sponsoring des Radrennens zurück. Wohl auch, weil ihn mit seinem Bauunternehmen zeitgleich die erste Insolvenz ereilte, über die er sich bis heute so hartnäckig ausschweigt. Das Rennen ging zwar mit neuem Namensgeber noch sechs Jahre weiter, die letzte Austragung als "Tour de Trump" gewann allerdings Raul Alcala - ein Mexikaner. Nennt man das Karma?

Die letzten beiden Rundfahrten überhaupt gewann Jahre später ein gewisser Lance Armstrong, der danach erst für den Höhepunkt und dann für das Ende des US-amerikanischen Radsport-Booms sorgen sollte. 1996 wurde das Rennen dann eingestellt. Der neue Sponsor, die Industriellen-Familie DuPont, zog sich zurück, nachdem Erbe John DuPont für den Mord am US-amerikanischen Olympia-Ringer David Schultz verurteilt worden war. Irgendwie ein geradezu passend skandalöses Ende für Donald Trumps fast vergessenes Radsport-Projekt.

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