Unterwegs im Auftrag seiner Kanzlerin

Ein ganz persönliches Sommermärchen: Am Triumph des Bastian Schweinsteiger hatte auch Angela Merkel ihren Anteil. "Wenn die Bundeskanzlerin das sagt, dann muss man das befolgen".
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Emotionaler Jubellauf: Bastian Schweinsteiger
Sampics/Augenklick Emotionaler Jubellauf: Bastian Schweinsteiger

BASEL - Ein ganz persönliches Sommermärchen: Am Triumph des Bastian Schweinsteiger hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Anteil. "Wenn die Bundeskanzlerin das sagt, dann muss man das befolgen".

Bastian Schweinsteiger brüllte, er schrie, jede Faser des Körpers angespannt. Jeder Muskel in Alarmstimmung. Das sind die Momente, für die ein Fußballer lebt, sich schindet und an die er sich erinnert, in schweren Momenten, in den Tiefs.

Die 22. Minute gegen Portugal in Basel, es war die Bastian- Schweinsteiger-Minute. Lukas Podolski hatte nach einem perfekten Doppelpass mit Michael Ballack eine scharfe Flanke in die Mitte gegeben, und der Blonde mit dem langen Anlauf war in den Ball wie der perfekte Torjäger hineingesprintet. Versenkt! Ab ins kurze Eck, danach ab zur Eckfahne. Adrenalin ausschütten.

Motiviert bis in die letzte, gefärbte Haarsträhne

Er drückte den Rücken durch, stemmte die Hände in die Hüfte und signalisierte: Seht her, ich war’s! Dann machte er die Fans an, klatschte mit einem ab: Seht her, ich hab’s allen gezeigt. Und er hatte es geahnt. Er brannte. War motiviert bis in die letzte, gefärbte Haarsträhne. „Ich Freude mich, zeigen zu können, was in mir steckt“, meinte er im Vorfeld, „ich war schon gegen Kroatien zufrieden mit mir – bis auf die eine Szene.“

Eben. Nicht nur deshalb war es bis Donnerstag eine schlimme EM für ihn. Angeschlagen reiste er ins Tessin, verlor seinen Stammplatz an Lukas Podolski und beging dann gegen Kroatien mit dem Schubser eine Dummheit. Rot, er war raus, erlebte das Spiel gegen Österreich auf der Tribüne. Dass sich Jogi Löw kurz vor der Pause zu ihm gesellte und Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihm scherzte, rückte ihn wieder ins TV-Bild. Dennoch: Schweinsteiger hatte gelitten, war tief gefallen – ins Tal der Alpen-EM.

Löw setzte auf den Wut-Effekt

Aber auch Löw hatte es geahnt, na ja, gehofft. Er setzte auf den Wut-Effekt nach der Roten Karte. „Bastian wird vor Wut und Energie strotzen“, sagte Löw, „er hat eine Bringschuld.“ Er hat sie eingelöst. Und auch die Prognose von Löw bestätigt: „Bastian wird noch eine wichtige Rolle für uns im Turnier spielen.“

Es war das Schweini-Spiel, sein ganz persönliches Sommermärchen. Welches schon heiter angefangen hatte – weit vor dem Anpfiff. Da hatte Schweinsteiger beim Aufwärmen Luis Felipe Scolari getroffen, den Trainer der Portugiesen. Ein Oberaudorfer trifft einen Brasilianer in Basel – und sie begrüßten sich, als wäre Scolari Schweinsteigers Onkel. Der Portugal-Coach, ab Juli bei Chelsea London, warf sich dem 23-Jährigen an den Hals, wie sich das Bundeskanzlerin Angela Merkel niemals getraut hatte. Im ARD-Studio fragte Moderator Gerhard Delling Experte Günter Netzer: „Wissen Sie da mehr? Zieht der Schweinsteiger nach London?“ Netzer musste passen.

Kusshände in die dritte Reihe

Schweini kommt eben an, Socialising ist eine seiner Stärken. Doch wirklich wichtig ist aufm Platz. Das zeigte er am Donnerstag. Nicht nur bei seinem Tor. Das zweite, den Kopfball von Miroslav Klose (27.), hatte Schweinsteiger vorbereitet, per exzellenter Freistoßflanke auf den Kopf von Klose. Und ebenso das dritte. Wieder per Freistoß, diesmal auf Ballacks Kopf.

Schweini rannte zur Bank, Richtung Tribünewarf er Kusshände – in der dritten Reihe saß Freundin Sarah. Auch sie wusste wohl schon vor Anpfiff, was kommen würde. Da holte sie mal eben zwei Bier. Und applaudierte später verliebt lächelnd, als ihr Basti in der 82. Minute mit Standing Ovations den Platz verließ.

Schweini und die Frauen: Sarah liebt er, mit der Kanzlerin hat er Spaß. Im Überschwang der Jubelgefühle verriet er dann auch, was Bundeskanzlerin Angela Merkel ihm am Montag auf der Tribüne mit auf den Weg gegeben hatte. Schweini, unterwegs im Auftraf seiner Kanzlerin: „Frau Merkel hat mir gesagt, ich soll keine Dummheiten machen und so spielen wie 2006. Und wenn die Bundeskanzlerin das sagt, dann muss man das befolgen.“

Patrick Strasser

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