"Überdurchschnittlich"

Andreas Demmel, einst Jugendtrainer der Slalom-Assi Neureuther und Riesch, erinnert sich.  
von  Interview: Thomas Becker
Felix Neureuther (r.) zu seiner Zeit als Skirennläufer
Felix Neureuther (r.) zu seiner Zeit als Skirennläufer © sampics, Rauchensteiner/beide Augenklick; Montage: Norbert Koza

Andreas Demmel, einst Jugendtrainer der Slalom-Assi Neureuther und Riesch, erinnert sich.

Garmisch - Tourenabend am Garmischer Hausberg. Andreas Demmel (47), Wirt des Berggasthofs „Drehmöser 9”, drückt dem AZ-Mann Tourenski samt Fellen in die Hand – 90 Minuten später und 600 Meter höher hat der Reporter Luft, um ein paar Fragen zu stellen: zu Demmels Ex-Schützlingen Maria Riesch und Felix Neureuther, den Medaillenkandidaten in den anstehenden WM-Slaloms.


AZ: Herr Demmel, Ihre ehemaligen Schüler kämpfen um den Titel. Sie waren ihr Trainer beim SC Partenkirchen.

ANDREAS DEMMEL: Nein, ich war als Trainer des Bayerischen Skiverbands an den DSV ausgeliehen, habe da 15- bis 16-Jährige betreut. Die Maria ein ganzes Jahr, den Felix nur als Heimtrainer. Er ist ja nicht nach Berchtesgaden ans Ski-Gymnasium, sondern hat hier Abi gemacht.

Allzu gerne ist er nicht zur Schule, oder?

Das ist ganz schlecht, wenn ich das sage, weil ich in der Schule noch viel schlechter war. Aber es stimmt: Er ging nicht gern.

Und die Maria?

Die wusste, dass sie das Abi braucht und war zielstrebiger. Keine Einser-Schülerin, sie hat das aber locker über die Bühne gebracht.

Wie waren die beiden mit 15, 16 als Skifahrer?

Überdurchschnittlich, jeder auf seine Art. Der Felix ist ein begnadetes Talent. Der könnte zig andere Sportarten auch machen. Er hat ein Schweine-Gefühl für seine Ski. Wenn man dem was zeigt, kann der das in kürzester Zeit. Er war halt ein bissl ein Hallodri, aber darüber ist er hinaus, ist jetzt ein bisschen knochiger, aber auch keine 16 mehr. Er macht prinzipiell gern Sport, fährt wahnsinnig gern Ski. Den sieht man auch Skifahren, wenn er vom Rennen heimkommt, dann ist er am Montag hier oben – vor allem, wenn’s Tiefschnee hat.

Und die Maria?

Ähnlich. Kritisch betrachtet, fällt ihr nicht alles ganz leicht zu. Sie muss sich sehr viel erarbeiten, durch Fleiß, akribische Kleinstarbeit, Hartnäckigkeit. Sie hat einen Wahnsinns-Kopf, ist psychisch grenzenlos belastbar. Das war mit 15 schon so. Ein Willens-Typ.

Wie war die Arbeit als Trainer mit den beiden?

Bei den Mädchen in dem Alter ist man schnell mal erfolgreich. Bei den Buben kann man sich den Hintern aufreißen, da ist die Konkurrenz um so viel stärker, das ist knallhart. Die Maria hat mit 15 schon ein FIS-Rennen gewonnen – bei den Buben undenkbar. Zu den FIS-Rennen schicken Österreicher, Schweizer, Kanadier und Amis alle, die im Weltcup keinen Platz haben - da bist du als 16-Jähriger verloren, körperlich völlig unterlegen. Das ist das tägliche Brot eines Jugendskifahrers. Das ist so, als müsste sich ein 16-jähriger Fußballer mit Robben oder Ribéry vergleichen – der sieht ja gar keinen Ball, auch wenn er noch so talentiert ist.

Wie viel Einfluss hat denn der Trainer?

Er ist schon irgendwo wichtig, verbringt die größte Zeit des Jahres mit seinen Schützlingen. Aber wenn ein Aktiver Erfolg hat, ist er zu 90 Prozent selber Schuld dran – und zehn Prozent der Trainer. Bloß: andersrum halt auch. In erster Linie ist der Aktive selbst verantwortlich, der Trainer ist Beiwerk, nicht mehr als eine Bohrmaschine.

Was trauen sie Maria und Felix am Wochenende zu?

Die Konkurrenz ist groß, aber beide haben alle Chancen. Maria hatte ein Riesen-Programm, fährt alle Disziplinen, war bisher sehr erfolgreich, musste aber die Grippe auskurieren, während die anderen Slalom trainierten. Sie muss ihre Hax’n unter Kontrolle kriegen und flink werden.

Und Neureuther junior?

Er ist schon ein bissl vom Losglück bei der Startnummer abhängig – weil es so warm und somit fraglich ist, wie gut die Piste hält. Unter den ersten Sieben ist er ja nicht, braucht also den Achter oder Neuner, sonst wird’s schwierig. Vom Können her ist er mehr wie gut drauf. Aber wenn er Sechster oder Siebter wird, ist das keine Schande, denn bei den Männern gibt es 15 bis 20, die gewinnen können.

Schauen Sie zu?

Klar. Ich hab’ mir in der Wirtschaft frei genommen.

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