Typisch Sutil!

Der Gräfelfinger, bestens von Platz 7 gestartet, fährt das Rennen seines Lebens und sogar bis auf Platz 2 vor – ehe er am Ende mal wieder mit Räikkönen kollidiert und auf Rang 15 ankommt
NÜRBURGRING Nein, dieses Mal tropften keine Tränen in Adrian Sutils Helm. Dieses Mal war auch die Frage nach der Schuld nicht so eindeutig zu beantworten wie damals in Monaco. Zum Haare raufen war’s trotzdem.
Adrian Sutil ist und bleibt der Pechvogel der Formel 1.
27 Runden lang fuhr der Gräfelfinger Pianistensohn am Sonntag das Rennen seines Lebens. Von Rang sieben gestartet, fuhr er mit vollgetanktem Auto munter in der Spitzengruppe mit, so schnell wie die WM-Führenden Jenson Button und Sebastian Vettel, war zwischenzeitlich gar Zweiter.
Alles deutete auf eine Sensation hin. Bis Sutil wieder seinem persönlichen Alptraum in Person von Kimi Räikkönen begegnete. Als Sutil in der 28. Runde die Boxengasse verließ, kam von hinten der Ferrari-Pilot herangerauscht. Sutil blieb auf der Innenseite der Strecke, er muss Räikkönen gesehen haben. Und doch war das Manöver, das Räikkönen vorhatte, ziemlich waghalsig. Der Finne setzte außen zum Überholen an, setzte sich neben Sutil, war am Scheitelpunkt der Kurve knapp vorne, am Kurvenausgang waren beide kollidiert, Sutil verlor einen Teil seines Frontflügels, musste sich an der Box eine neue Nase holen - und fuhr wieder in Sutil-Regionen spazieren. Am Ende landete Sutil auf Platz 15.
Die Schuldfrage klärten nach dem Rennen die Kommissare (bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch kein Urteil). Und doch ist klar: Räikkönen verdarb dem Gräfelfinger eine Triumphfahrt. In Monaco 2008 war der Finne Sutil im strömenden Regen ins Heck gefahren. Sutil lag auf Rang vier, nach seinem Ausscheiden schossen ihm die Tränen ins Gesicht. Am Sonntag war es in der Eifel trocken, ohne den Unfall hätte Sutil Vierter werden können.
Doch so war’s mal wieder: typisch Sutil!
Sutil und Räikkönen verstehen sich gut. Letztes Jahr entschuldigte sich der schweigsame Finne vier Mal bei Sutil, dessen Chef Vijay Mallya, sogar bei Sutils Vater Jorge. Am Sonntag wirkte Räikkönen sauer. Den Unfall wollte er zunächst nicht kommentieren.
Auch Sutil winkte zunächst enttäuscht ab. Später hatte er zumindest seinen Humor wieder gefunden. Was er jetzt über Räikkönen denke? „Tja, das kann ich jetzt nicht aussprechen“, sagte Sutil lächelnd, um dann souverän zu erklären: „Es war ein blöder Zufall, dass wir uns schon wieder so getroffen haben. Es war ein Renn-Unfall, wie er leider vorkommen kann.“
Bei Sutil überwog – trotz des Unfalls – das Positive, auch weil am Samstag schon mit Qualifikationsplatz 7 den besten Startplatz seiner Karriere herausgefahren und nun seinen Kritikern und womöglich ja auch neuen Arbeitgebern gezeigt hatte, was in ihm steckt. Ein paar Runden lang das Schild „P2“ für den zweiten Platz sehen, „das war schon sehr ermutigend und ein tolles Gefühl“, sagte Sutil. Nach Weinen war ihm wahrlich nicht. Filippo Cataldo