Interview

Türkgücüs Fischer: "Die Fanbase der Löwen ist einfach Wahnsinn"

Einmal Löwe, immer Löwe - nicht bei Kilian Fischer. Vor dem Duell mit seinem Ex-Verein spricht der junge Türkgücü-Profi über die Gründe für seinen Wechsel, Giesinger Kumpels und Bundesliga-Träume.
von  Matthias Eicher
Der 20-jährige Mittelfeldakteur spielt seit Sommer 2019 bei Türkgücü und wurde zuvor beim TSV 1860 in der Jugend ausgebildet.
Der 20-jährige Mittelfeldakteur spielt seit Sommer 2019 bei Türkgücü und wurde zuvor beim TSV 1860 in der Jugend ausgebildet. © imago/Passion2Press

AZ: Herr Fischer, in knapp zehn Jahren beim TSV 1860 sind Sie vom kleinen Buben zum Fußballer geworden. Jetzt kehren Sie im Türkgücü-Trikot erstmals zurück. Sie dürften heiß sein auf die Löwen.
KILIAN FISCHER: Absolut! Ich habe alle Jugendmannschaften durchlaufen, habe mit der U17 in der Bundesliga gespielt und meine ersten Schritte im Männerfußball gemacht. Es war eine supertolle Zeit bei Sechzig, aber mit Höhen und Tiefen.

Von Sechzig zu Türkgücü: Der richtige Schritt

Ihren Wechsel im Sommer 2019 dürften Sie nicht bereuen.
Auf keinen Fall, es war der richtige Schritt zur richtigen Zeit. Viele haben mir gesagt: "Boah Kili, geh doch nicht von 1860 zu Türkgücü - die kennt doch keiner, die spielen eine Liga tiefer. Das ist doch ein Rückschritt!" Aber ich bin hier super aufgenommen worden. Als ich kam, ist die Mannschaft ja komplett neu zusammengestellt worden. Schon erstaunlich, wie schnell wir uns gefunden haben. Ich bin froh, dass ich meinen Teil zum Aufstieg beitragen konnte. Die Liga tiefer hat sich also schon mal erledigt (lacht).

Im Umkehrschluss müssen wir fragen: Was haben die Löwen denn falsch gemacht, um Sie nicht auf Giesings Höhen zu halten? Sie hätten ja auch den Weg eines Dennis Dressel beschreiten können.
Ich hätte mir schon etwas mehr Wertschätzung gewünscht. Schließlich war ich in der U17 und U19 ja auch Kapitän. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass mir die Verantwortlichen den Schritt in die Dritte Liga wirklich zutrauen. Ich freue mich für Dennis, mit ihm habe ich noch zusammengespielt. Genauso wie mit Leon Klassen, der einer meiner besten Kumpels ist, oder Fabian Greilinger und Johann Djayo. Aber man kann schlecht rückwirkend sagen, es wäre bei mir genauso gelaufen. Es hätte schließlich auch ein können, dass ich keine Möglichkeit bekomme, mich bei den Profis zu zeigen.

In der A- und B-Jugend der Löwen sogar Kapitän: Kilian Fischer.
In der A- und B-Jugend der Löwen sogar Kapitän: Kilian Fischer. © imago/Lackovic

Fischer: Angebot von 1860 hätte bei weitem nicht hingehauen

Das nötige Kleingeld sitzt bei Sechzig bekanntlich nicht gerade locker.
Es geht mir nie hauptsächlich ums Geld, auch damals bei 1860 nicht. Aber wenn man Profi werden will, muss man zumindest seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Es gab zwar Gespräche und ich hatte von Sechzig auch ein Angebot vorliegen, aber das hätte bei weitem nicht hingehauen. Hätte ich das Gefühl gehabt, sie setzen total auf mich und es scheitert nur an ein paar Euro, hätte ich es damals vielleicht trotzdem gemacht. Aber so war es nicht. Es gab aber keinen Krach, wir sind im Guten auseinandergegangen. Und inzwischen sagen auch diejenigen, die den Wechsel damals kritisch gesehen haben: "Da hast du alles richtig gemacht."

Gerade Ihr Kumpel Klassen stagniert derzeit etwas in seiner Entwicklung. Muss 1860 aufpassen, dass nach Ihnen und Aaron Berzel nicht der nächste Löwe bei Türkgücü landet?
Ganz soweit ist es noch nicht, dass ich unsere Transfers in die Wege leite (lacht). Leon hat gerade eine schwierige Phase, aber er hat schon bewiesen, dass er es kann. Er wird es schaffen, davon bin ich überzeugt.

Fischer bei Türkgücü: Überall im Einsatz

Sie selbst standen bei Türkgücü in allen zehn Saisonspielen auf dem Platz. Was macht Kilian Fischer so stark, dass er zum Dauerbrenner geworden ist?
Man kann mich überall hinstellen (lacht). Ich habe bei Türkgücü tatsächlich schon fast alles gespielt. Hauptsächlich im Mittelfeld, aber auch beide Außenverteidiger-Positionen. Rückblickend betrachtet hat mir auch meine Rücken-Verletzung geholfen, als ich länger als ein halbes Jahr ausgefallen bin: Ich habe alles dafür getan, wieder fit zu werden, durch viel Krafttraining zehn Kilo Muskelmasse aufgebaut, meine Ernährung optimiert und auf meinen Schlaf geachtet. Das hat mich stärker gemacht.

Als Jugendlicher schon ein Musterprofi? Da haben Sie vielen Fußballern etwas voraus.
Ich war immer schon sehr wissbegierig. Aber das ist tatsächlich eine Sache, die mir viele Mitspieler gesagt haben: "Wenn ich mit 20 schon den Kopf von dir gehabt hätte, wär's bei mir vielleicht höher hinaus gegangen!"

Spiel gegen TSV 1860: Münchner unter sich

Wie hoch soll es denn bei Ihnen und Türkgücü noch hinausgehen? Sie liegen mit 17 Punkten in Schlagdistanz zur Spitzengruppe - und könnten am Wochenende 1860 überholen.
Jeder Fußballer will so erfolgreich sein, wie es geht. Wir sind ja irgendwie auch kein normaler Aufsteiger. Wir haben einen super Kader, vor allem in der Breite. Aber wo wir am Ende landen, werden wir sehen. Ich selbst strebe nach Höherem, aber eine große Kampfansage haue ich jetzt nicht raus. Es war immer mein Traum, Profifußballer zu werden, und bin ich super glücklich, dass es geklappt hat.

Wenn der Weg irgendwann in die Bundesliga führt, werde ich sicher nicht Nein sagen. Aber jetzt geht es erstmal gegen Sechzig: Diese Fanbase der Löwen ist einfach Wahnsinn. Wo sie hier stehen, möchten wir gerne hin. Sportlich stehen wir ihnen jetzt schon in wenig nach. Jetzt wollen wir sie schlagen - damit auch der Letzte den Namen Türkgücü kennt.

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