Interview mit Türkgücü-Coach Petr Ruman: "Die Derbys werden echte Highlights für München"

München - AZ-Interview mit Petr Ruman: Der 44-jährige ehemalige tschechische Bundesliga-Profi (u.a. SpVgg Greuther Fürth und FSV Mainz 05) ist der neue Cheftrainer von Türkgücü München.
AZ: Herr Ruman, Türkgücü München ist Ihre erste Station im Profibereich. Wie fühlen sich die ersten Wochen als Drittliga-Trainer bislang für Sie an?
PETR RUMAN: Sehr gut. Nach einigen Jahren im Nachwuchsbereich habe ich mich nun bereit gefühlt für den nächsten Schritt. Und als dann Türkgücü im Frühjahr auf mich zukam, hat es einfach gepasst. Die Gespräche mit Präsident Hasan Kivran und dem Sportlichen Leiter Roman Plesche waren sehr gut, sie haben mich von Türkgücü München überzeugt - und ich sie offensichtlich auch von mir. (lacht)
So hat Türkgücü Ruman vom Wechsel überzeugt
Bei der SpVgg Greuther Fürth, wo Sie lange als Profi aktiv und dann zuletzt für die U23 verantwortlich waren, geht es stets sehr ruhig und beschaulich zu. Bei Ihrem neuen Arbeitgeber ist - wie die letzte Saison gezeigt hat - da schon deutlich mehr los. Haben Sie diesen Schritt heraus aus Ihrer fränkischen Wohlfühloase bewusst gewählt?
Im Profibereich ist es doch eigentlich überall gleich. Manche Vereine wirken vielleicht nach außen hin etwas ruhiger, aber hinter den Kulissen gibt es auch da Turbulenzen. Für mich war es einfach wichtig, dass der nächste Schritt mich dort hinführt, wo ich mich auch mit dem Verein und seinen Ambitionen identifizieren kann - und das ist bei Türkgücü so. Klar ist hier die Infrastruktur an einigen Stellen noch nicht optimal, aber das habe ich gerne in Kauf genommen, weil mich die Verantwortlichen überzeugt haben, dass sie nicht nur von Ambitionen sprechen, sondern auch so handeln.
Apropos Ambitionen: Bei Türkgücü denkt man mindestens mittelfristig über den Aufstieg in die Zweite Liga nach. Was für ein Saisonziel haben Sie denn vereinbart?
Wir wollen so erfolgreich wie möglich spielen, attraktiven Fußball anbieten und so Fans ins Stadion locken. Aber konkretere Ziele brauchen wir im Moment nicht. Wir haben einige Neuzugänge, daher müssen wir jetzt erstmal zusammenwachsen und eine Spielweise entwickeln, die zu dieser Mannschaft passt. Danach können wir dann gerne über die nächsten Schritte nachdenken.
Petr Ruman will mit Türkgücü attraktiven Offensivfußball spielen lassen
Als Spieler gehörten Sie immer zu den Leistungsträgern, waren aber nie der große Lautsprecher auf dem Platz. Wie tickt denn der Trainer Petr Ruman?
Ich bin als Mensch so, wie ich bin, daran hat sich nichts geändert. Für mich ist es als Trainer wichtig, viel mit den Jungs zu kommunizieren, mich auch für ihre Meinung zu interessieren, aber sie trotzdem immer wieder aus ihrer Komfortzone herauszuholen.
Unter Ihrem Vor-Vorgänger Alexander Schmidt beeindruckte Türkgücü zeitweise mit einem für die Dritte Liga überraschend erfrischenden Offensivfußball. Das dürfte sich mit den Vorstellungen des ehemaligen offensiven Mittelfeldspielers Petr Ruman decken, oder?
Definitiv, wenn ich jetzt Catenaccio spielen lassen würde, müsste ich mich schon sehr verbiegen. (lacht) Ich will, dass wir aktiv sind, dass wir mutig spielen. Ich könnte auch gar nicht anders spielen lassen, als ich es selbst für richtig halte, sonst hätte ich bei den Spielern eh verloren.
Wie wichtig ist der Baustein Sercan Sararer für Ihr Konzept?
Natürlich ist Sercan mit seinen Qualitäten eine Bereicherung für jeden Verein in der Dritten Liga. Insofern freue ich mich sehr, dass er seinen Vertrag bei uns verlängert und damit auch ein positives Zeichen gesetzt hat. Aber wie für alle Spieler im Kader gilt auch für ihn: Man muss sich im Training anbieten und erst danach wähle ich die Startelf aus.
Nach Vertrags-Zoff: So hat Ruman Sararer vom Verbleib überzeugt
Dabei galt seine Verlängerung eigentlich als ausgeschlossen, sogar ein Prozess vor dem Arbeitsgericht war geplant. Wie haben Sie es geschafft, Ihren Schlüsselspieler doch von einem Verbleib bei Türkgücü zu überzeugen?
Wir kennen uns ja von früher, Sercan hat sich eine Zeit lang bei der U23 in Fürth fit gehalten. Wir haben viel miteinander gesprochen und ich habe ihm erklärt, was ich hier vorhabe. Das Wichtigste für mich ist aber, dass ein Spieler selbst zu 100 Prozent von dem, was er macht, überzeugt sein muss - und wenn er sich für einen anderen Klub entschieden hätte, dann wäre es eben so. Dass er sich dann für uns entschieden hat, freut mich aber natürlich umso mehr. Man merkt ihm auch an, dass er sich jetzt wieder voll auf den Fußball konzentrieren kann.
Gleich am Anfang der Saison stehen für Sie und Ihre Mannschaft mit der ersten Runde im DFB-Pokal gegen Bundesligist Union Berlin und eine Woche später dem ersten Derby gegen den TSV 1860 gleich zwei Highlights an. Auf welches freuen Sie sich mehr?
Das werden beides tolle Spiele. Union hat eine starke Saison abgeliefert, darf jetzt in der Conference League sogar international antreten. Das wird also ein ganz spannendes Spiel, wo wir alles probieren werden, um zu bestehen. Und Derbys sind eh immer etwas ganz Besonderes, diese beiden Partien gegen Sechzig, das werden echte Highlights für München.