Insolvenz? Die nächste Runde im Türkgücü-Drama

Der Verein steht wirtschaftlich am Abgrund. Angeblich wird von den Bossen sogar über eine Insolvenz nachgedacht. Im Kader führen diese Entwicklungen aktuell zu großer Besorgnis.
von  Krischan Kaufmann, Matthias Eicher
Will er nicht mehr? Hasan Kivran (M.) hat Türkgücü mit seinem finanziellen Engagement bis in die Dritte Liga geführt.
Will er nicht mehr? Hasan Kivran (M.) hat Türkgücü mit seinem finanziellen Engagement bis in die Dritte Liga geführt. © imago images/kolbert-press

München - Zumindest beim Nachbarn hat man noch ein wenig Hoffnung: "Natürlich verfolgt man es. Das Thema gab es bei dem Stadtrivalen ja auch schon vor einem Jahr: Da sind Horrorszenarien gemalt worden - und dann ging es doch weiter", erklärte Sechzig-Trainer Michael Köllner am Freitag auf der Pressekonferenz vor dem Spiel seiner Mannschaft bei Viktoria Köln, warum er aktuell nicht in den großen Abgesang auf Türkgücü München miteinstimmen möchte.

Türkgücüs wirtschaftliche Sache ist eine Katastrophe

Es ist allerdings gut möglich, dass der 1860-Coach seine Meinung bald ändern muss. Denn die wirtschaftliche und damit auch die sportliche Zukunft des Drittliga-Konkurrenten der Löwen schaut mehr als düster aus. Angeblich ist die finanzielle Lage derart katastrophal, dass man bei Türkgücü sogar ein Insolvenzverfahren nicht mehr ausschließen kann. Laut des Blogs "sechzger.de" wollte Geschäftsführer Max Kothny bereits am Freitag einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht stellen.

Von Vereinsseite gab es zu diesem Thema - wie auch zu allen anderen Fragen die finanzielle Situation betreffend - erneut keinerlei Stellungnahme. Auszuschließen ist dieser Schritt aber keinesfalls - das deckt sich auch mit AZ-Informationen.

Fehlen dem Verein knapp zwei Millionen Euro?

Dass es um die Finanzen des Vereins schlecht bestellt ist, zeigt schon die Tatsache, dass Kothny und Co. im Rahmen des Nachlizensierungsverfahren gegenüber dem DFB nicht die nötigen Nachweise erbringen konnten, dass sie sich die Drittliga-Saison auch leisten können.  

Diesen Fakt haben die Türkgücü-Macher bereits eingeräumt. Angeblich handelt es sich dabei um einen Fehlbetrag von rund zwei Millionen Euro. Für einen Drittliga-Klub wäre das ein ziemlich dickes Minus - vor allem, wenn man bedenkt, dass die Saison ja nur noch dreieinhalb Monate läuft.

Im Türkgücü-Kader führen die letzten Entwicklungen zu großer Besorgnis. Nach AZ-Informationen wurden zwar bislang alle Gehälter pünktlich überwiesen, allerdings ist den Profis spätestens seit dem Dienstag-Spiel in Freiburg (2:4) der Ernst der Lage mehr als bewusst. Um Hotelkosten zu sparen, wollte der Verein mit einem kleineren Kader beim SCF II antreten. Damit aber niemand zu Hause bleiben musste, sollen die Spieler aus der Mannschaftskasse ein zusätzliches Hotelzimmer bezahlt haben.

Dass zahlreiche Türkgücü-Spieler nun anderorts in den Fokus rücken, ist angesichts dieser Situation verständlich und nicht überraschend. Das Transferfenster ist immerhin noch bis 31. Januar geöffnet.

Corona-Sonderregelungen bei Insolvenz gelten nicht mehr

Quo vadis Türkgücü? Diese Frage stellen sich nicht nur die Fans des Migrantenvereins, sondern ganz sicher auch die Konkurrenz. Sollte der Klub wirklich einen Insolvenzantrag stellen, wäre dieser Schritt gleichbedeutend mit einem Abzug von neun Punkten. So sieht es Paragraf sechs der Spielordnung des DFB für die Dritte Liga vor.

Die Corona-Sonderregelung für den Insolvenzfall, von der der 1. FC Kaiserslautern (kein Punktabzug) und der KFC Uerdingen (nur drei Punkte) während der letzten beiden Spielzeiten profitierten, ist längst ausgelaufen.

Will Präsident Hasan Kivran gehen?

Retten kann Türkgücü in dieser Situation deshalb eigentlich nur noch Mäzen und Präsident Hasan Kivran. So wie er es in der vergangenen Spielzeit bereits getan hatte, als er dem Vernehmen nach einen Fehlbetrag von knapp vier Millionen Euro kurzerhand aus der eigenen Tasche ausglich.

Dazu scheint der Unternehmer aber nun nicht mehr bereit zu sein, was wiederum zu den Gerüchten passt, dass Kivran sich eh von seinen Türkgücü-Anteilen trennen will, ein angeblicher Interessent aber noch zögert.

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