Zu viel nachgedacht

Die Löwen erspielen sich nach einer starken ersten und einer dürftigen zweiten Halbzeit ein 0:0 in Kaiserslautern und wissen nicht so recht, wie sie das Ergebnis beim Spitzenklub einordnen sollen
KAISERSLAUTERN Gerade erst ist Kaiserslautern aus der ersten Liga abgestiegen, natürlich erinnert noch so gut wie alles auf dem Betzenberg an die glamouröse Bundesliga: das üppige WM-Stadion, die lebhafte Stimmung – auch der übergroße Presseraum. Und dort saß nun Reiner Maurer, der Trainer der Löwen, die ja unbedingt auch in die Bundesliga wollen und gerade 0:0 beim FCK gespielt hatten. „Wir waren klar tonangebend. Wir haben dominiert. Das Ergebnis war das Schlechteste für uns”, sagte er. Und: „Wir haben gezeigt, was in uns steckt.”
Dummerweise aber bezog Maurer all das nur auf eine Hälfte des Spiels. Ein bisschen Glamour, ein bisschen Tristesse, halb erstklassig, halb zweitklassig – das ist 1860 im Moment.
Denn die Löwen zeigten sich beim vierten Auftritt der neuen Saison eine Halbzeit lang so stark, schnell und spielsicher wie lange nicht. Doch sie zeigten sich auch so fehlerhaft, unkonzentriert und einfallslos wie lange nicht. All das packten sie in diese 90 Minuten auf dem Betzenberg hinein. Doch am Ende überwog doch der Stolz, beim „Topaufstiegskandidat”, wie Maurer den FCK vorher genannt hatte, „bestanden” zu haben, wie es Sportchef Florian Hinterberger ausdrückte.
„Wir haben zwei Gesichter gezeigt”, meinte Hinterberger weiter und lieferte gleich eine Erklärung mit: „Es hatte alles gestimmt. Wir hatten genau die richtige Mischung aus Defensive, Fight und Spiel. Aber dann haben wir in der Halbzeit zu viel überlegt. Da haben wir gemerkt, dass ein Punkt in Lautern gut ist und sind dann zu vorsichtig geworden. So haben wir dann auch gespielt.”
Einmal nachgedacht und darum nur einen Punkt geholt - zwar wären die Löwen vorher mit dem Remis zufrieden gewesen, doch hinterher ärgerten sie sich gewaltig über ihren gewaltigen Leistungsabsturz. Vor allem einer schimpfte: Daniel Bierofka. „Ich verstehe es nicht, tut mir leid. Aber wir machen eine Halbzeit lang alles gut, dann machen wir alles falsch. Wir haben nur noch das lange Eisen rausgeholt und keinen Fußball mehr gespielt. Damit haben wir uns das Leben viel zu schwer gemacht”, meinte der 33-Jährige. Torwart Gabor Kiraly ergänzte, etwas versöhnlicher: „Es ist immer noch der Anfang der Saison. Da kann noch nicht viel klappen. Aber es wird immer besser.”
Dennoch gilt: Der Auftritt am Betzenberg war aus 1860-Sicht der mit Abstand erfreulichste in dieser Saison – und das lag daran, dass sie nun die Erkenntnis haben, auch gegen ein Topteam bestehen zu können. Denn erstmals erwiesen sich die vier Neulinge (Volz, Wojtkowiak, Stoppelkamp, Tomasov) als volle Verstärkungen – und erstmals versprühte Maurers Mannschaft eine Spielstärke, mit der viele Siege möglich sein könnten. Und da die Mannschaft ja auch nach vier Pflichtspielen noch unbesiegt ist, erkannte der Trainer zurecht: „Das gibt uns ein sehr gutes Gefühl. Wir sind ungeschlagen, das kann für das Selbstvertrauen nur förderlich sein." Und weil am Freitagabend der punktlose Tabellenletzte aus Duisburg in die Arena kommt, ergänzte Maurer: „Wenn wir da nachlegen, sind wir mehr als im Soll." Hinterberger ergänzte: „Das hätte ich unterschrieben, hätte mir das jemand vor der Saison angeboten.”