Zeugnisse für die TSV-1860-Bosse: Köllner und Gorenzel verpassen Aufstiegs-Ziel

Trainer Michael Köllner ist nach langer, erfolgreicher Amtszeit beim TSV 1860 Geschichte. Sport-Boss Günther Gorenzel geht nun ebenfalls. Nachfolger Maurizio Jacobacci und Finanzboss Marc-Nicolai Pfeifer leisten Aufbauarbeit. Die AZ-Zeugnisse.
von  Matthias Eicher
Die ehemalige sportliche Führung des TSV 1860: Michael Köllner und Günther Gorenzel
Die ehemalige sportliche Führung des TSV 1860: Michael Köllner und Günther Gorenzel © sampics/Augenklick

München - Die Saison 2022/23 ist Vergangenheit. Was für Sechzig rekordverdächtig begann (Topfavorit, Etat von über sechs Millionen Euro, Startserie von fünf Siegen aus fünf Spielen), endete bekanntlich im Niemandsland der Tabelle. Ein verkorkstes Löwen-Fußballjahr, das auch für zwei Funktionäre Folgen haben sollte: Mit Michael Köllner und Günther Gorenzel, für die Sechzigs Rückkehr in die Bundesliga "nur eine Frage der Zeit" sein sollte und die diesen Weg freilich selbst mitgehen wollten, ist Schluss.

Während der im Januar entlassene Köllner mit dem FC Ingolstadt in der kommenden Spielzeit wohl mit der halben Liga und vielleicht auch 1860 um den Aufstieg kämpft, hat Gorenzel nach AZ-Informationen mittlerweile die Freigabe für seinen Wechselwunsch in die Wahlheimat an den Wörthersee zu Austria Klagenfurt erhalten. Der fünfte und letzte Teil der AZ-Zeugnisse: die Bosse.

Michael Köllner machte sich das Leben beim TSV 1860 selber schwer

Michael Köllner: Cheftrainer Köllner kam im November 2019 und wurde zum Heilsbringer, doch er riss sein eigenes Werk teils selbst wieder ein. Schon vor der Saison meinte er, man wolle "im Mai etwas Großes feiern" und setzte sich und Sechzig damit noch stärker unter Druck, als es die hohe Erwartungshaltung im Umfeld ohnehin schon tat.

Der Fuchsmühler fand zudem keine richtige Startelf und machte sich das Leben selbst schwer, indem er mehrere Spieler in der Öffentlichkeit kritisierte, etwa Jesper Verlaat. Köllners Status als Menschenfänger wurde durch so manche polarisierende Aussagen getrübt: Er lobte den hochumstrittenen Anthony Power für seine Unterstützung bei Transfers, er beleidigte einen Internet-Blogger und kritisierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach harsch.

Lauter Dinge, die den Fokus weg vom Sport lenkten und ihn angreifbar machten. Sein Punkteschnitt von 1,61 schützten ihn nicht vor dem Aus. Note 4

Jacobacci überzeugt beim TSV 1860 mit Authentizität und Ehrlichkeit

Maurizio Jacobacci: Der Italiener wurde Köllners Nachfolger und schaffte unter schwierigen Bedingungen, den Löwen wieder Leben einzuhauchen. Seine Bilanz ist mit sechs Siegen, je vier Remis und Niederlagen positiv, aber ausbaufähig. Der 60-Jährige will kommende Saison angreifen, weiß aber: "Wollen wir einen guten Kader, wird es den Investor brauchen." Abseits des Platzes authentisch, stilvoll, ehrlich. Ob er auch den Machtkampf zwischen Hasan Ismaik und Präsident Robert Reisinger befrieden kann? Note 3

Gorenzel-Transfers: Sowohl Volltreffer als auch ein paar Flops

Günther Gorenzel: Der Österreicher gilt als akribischer analytischer Arbeiter. Rekordverdächtig früh hatte er vor Saisonbeginn neun Neulöwen parat, darunter auch Volltreffer wie Jesper Verlaat oder Albion Vrenezi. Zum Vorwurf ist ihm allerdings zu machen, dass 1860 mit Spielmacher Martin Kobylanski auch einen Mann holte, der gar nicht funktionieren wollte.

Winter-Neulöwe Raphael Holzhauser sollte das Ruder rumreißen, hat aber nicht in die Dritte Liga gepasst. Eine Fehleinschätzung Gorenzels. Sein größtes Versäumnis war es, in der Phase als Interimstrainer nur ungenügende zwei Punkte aus vier Spielen gegen machbare Gegner geholt zu haben. In Verbindung mit seiner soliden, aber nicht erfolgsgekrönten Arbeit als Sport-Boss gibt's die Note 4.

Der Herr über die Finanzen: Pfeifer beackert den Sponsorenmarkt

Marco-Nicolai Pfeifer: Der Finanz-Boss traf sich kürzlich mit Dortmunds Geschäftsführer Aki Watzke. Ob er vom BVB-Macher noch was lernen kann? Bestimmt, ein Austausch dürfte nicht schaden. Pfeifer beackerte den Münchner Sponsorenmarkt auch in der abgelaufenen Spielzeit erfolgreich.

Dass der Etat mit über sechs Millionen hoch war, geht (auch) auf sein Konto. In der Öffentlichkeit weiter relativ zurückhaltend, doch im SZ-Interview brachte er auf den Punkt: "Mit Ideologie stehen wir uns selbst im Weg". Mit der unpopulären Maßnahme, die ohnehin knackigen Ticketpreise der Sechzger weiter zu erhöhen, zog sich der Schwabe den Zorn der Fans zu. Note 3

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