Zeugnisse für den TSV 1860 München: Die Bosse im Check

München - Der TSV 1860 hat es geschafft, und die Fans können es sicher nicht oft genug hören: Sechzig ist nach dem Absturz aus der Zweiten Liga, nach einer Saison in der bayerischen Fußball-Provinz, durch den sofortigen Wiederaufstieg zurück im Profifußball! (Auf diese Drittliga-Gegner dürfen sich die Löwen freuen)
Während nicht nur Investor Hasan Ismaik Aufstiegstrainer Daniel Bierofka als "Vater des Erfolgs" ausgemacht hat, erfreut sich der Jordanier deutlich geringerer Beliebtheit auf Giesings Höhen. Seit seinem Einstieg im Jahre 2011 gehen die Sechzger als zutiefst gespaltener Klub zwischen Verein und Geldgeber in die Historie ein. Trauriges Resultat: Chaos, Machtkämpfe - never ending Löwen-Blues.
Derzeit steht dem Jordanier mit Präsident Robert Reisinger ein Oberlöwe gegenüber, der die Verschuldungspolitik vergangener Tage für beendet erklärt hat und stattdessen auf Konfrontationskurs ging. Und da wäre auch noch Michael Scharold, der als Geschäftsführer der ausgegliederten Profifußball-Abteilung zwischen den Stühlen sitzt.
Von Bierofka bis Scharold - im letzten Teil des AZ-Checks werden die Bosse und Funktionäre der Löwen auf einer Skala von ein bis vier Wappen bewertet.
Daniel Bierofka
Sechzigs Reanimator. Von Giesings König Karsten Wettberg zum "Kaiser von Giesing" getauft. Es dürfte kaum einen Fan wie Verantwortlichen geben, der nicht weiß - wie nach Meisterschaft und Aufstieg ausgiebig besungen: Ohne "Biero" wär' Sechzig gar nicht hier. Hat aus einem Haufen Junglöwen, Routiniers und sinnvollen Transfers eine schlagkräftige, willensstarke Aufstiegs-Truppe gebastelt - und dieser seine Leidenschaft und seinen Siegeswillen eingeimpft.
Vier von vier Wappen
Günther Gorenzel
Nicht hoch genug zu bewerten für Bierofka: Sein Sportchef hält Sechzigs wichtigstem Protagonisten seit seinem Amtsantritt im Winter als Ansprechpartner für alle Seiten und die Öffentlichkeit den Rücken frei. Schwerer fällt eine Bewertung für Gorenzels Kernjob der Kaderplanung, da sich das neuverpflichtete Regionalliga-Quartett um Kristian Böhnlein in der Dritten Liga erst beweisen muss und weitere Verhandlungen noch nicht fixiert sind. Allem Anschein nach hat der Österreicher seine Hausaufgaben aber gemacht.
Drei von vier Wappen
Michael Scharold
Hielt sich anfangs, von Ismaik als "schwach" gebrandmarkt, vornehmlich zurück. Verhandelte mit Markus Fauser den aus emotionalen Gesichtspunkten alternativlosen Auszug aus der Arena. Spricht mit OB Dieter Reiter über das Grünwalder Stadion - hinter den Kulissen. Pluspunkt im Gegensatz zu manchem Vorgänger, dem Ismaik skeptisch gegenüberstand: Löwen-Herz vorhanden. Vielleicht weniger Anführer, doch fleißiger Hintergrund-Arbeiter.
Drei von vier Wappen
Robert Reisinger
Aus Sicht seiner Gefolgsleute der beste Löwen-Präsident seit Karl-Heinz Wildmoser. Fürs Ismaik-Lager der Feind. Füllt das Amt des Oberlöwen durch seine seltenen Stellungnahmen zwar nicht optimal aus, doch wenn Reisinger etwas zu sagen hat, hat es meist Hand und Fuß. Das Abschneiden seit Sommer gibt auch seiner Sparpolitik Recht, wobei vieles mit der bisher ausbleibenden Etaterhöhung für Liga drei steht und fällt, die Reisinger nun durch ein altes, 3,856 Millionen schweres Darlehen vom 31. Juli 2016 (damals für den Wechsel von Stefan Aigner gedacht, aber nicht abgerufen) herbeiführen will. Unnötig dagegen: so mancher Nadelstich gegen Ismaik und sein "Scheiß FC Bayern" auf dem Aufstiegs-Partybus, das man etwa einem Spieler zugestehen kann, das einem Vereinsoberhaupt aber nicht sonderlich gut steht.
Drei von vier Wappen
Hasan Ismaik
Was man ihm nicht vorwerfen kann: Dass Geschäftsmann Ismaik 1860 als Investment betrachtet. Oder sein (teils begründetes) Misstrauen in ehemalige Vereinsvertreter. Positiv: Hielt sich in der letzten Saison öffentlich merklich zurück und hat mit Saki Stimoniaris und Peter Cassalette zwei Vertrauenspersonen geholt, die Sechzig und die europäische Kultur besser kennen als mancher Vorgänger. Was er sich vorwerfen lassen muss: Hat durch sein unberechenbares Machtstreben, die Nichteinhaltung von Versprechungen und seine Hire-and-Fire-Politik viel Kredit selbst verspielt. Und: Lässt den Verein oft lange zappeln. Sein Bruder Yahya hat nach AZ-Informationen auch jetzt noch nicht zur überfälligen Aufsichtsratssitzung geladen.
Zwei von vier Wappen
Teil 1 der Serie: Die Zeugnisse für die Löwen-Torhüter
Teil 2 der Serie: Die Zeugnisse für die Löwen-Abwehr