"Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen": Löwen stellen sich hinter Pechvogel Vollath
München - Es lief die 31. Spielminute im Pokal-Derby der Löwen gegen Haching, da geschah etwas, das für 1860 auf sportlicher Ebene den Anfang vom Ende des Totopokal-Traumes setzen sollte – und zum Leidwesen dieses Sportsmannes auch den Startschuss für nachvollziehbar normale Häme des Gegners, aber auch für Beleidigungen, Spott und Häme – und zwar aus beiden Fanlagern.
In dieser 31. Minute des Totopokal-Viertelfinales des TSV 1860 am Samstag gegen die SpVgg Unterhaching (1:3), da schlug der Ex-Bundesligaprofi Johannes Geis einen Freistoß fast von der Mittellinie in den Strafraum der Sechzger.
Den recht nah aufs Tor gezogenen Ball, den man für gewöhnlich in die Kategorie "harmlos" einordnen würde, wollte Sechzigs Torhüter René Vollath herunterpflücken, wie er schon hunderte, vielleicht tausende ähnliche Bälle heruntergepflückt hatte. Zum Leidwesen des Fußballprofis rutschte ihm dieser Ball durch seine behandschuhten Torhüterhände – und purzelte zur Hachinger Führung ins Giesinger Gehäuse.
TSV 1860 München: Nach Pokal-Patzer von Vollath reagieren Haching-Fans mit beißender Ironie
"Rene Vollath!", skandierten daraufhin die Fans der Vorstädter, schließlich sprechen wir hier von der verzwickten Vorgeschichte, dass es ausgerechnet dieser Vollath war, der vor Saisonbeginn vom kleinen Nachbarn zum TSV gegangen war und sich mit dem Vereinswechsel bei Haching alles andere als beliebt gemacht hat.
Als die Pokal-Überraschung des seit zehn Liga-Partien sieglosen Drittliga-Vorletzten gegen die zuletzt formstarken Löwen konkretere Formen annahm, musste sich Vollath auch noch weitere Sprechchöre anhören ("René Vollath, du bist der beste Mann!").
Doch es sollte noch knüppeldicker kommen für den Routinier, der sich auch bei 1860 keine neuen Freunde damit machte, was für ihn als Sportler schlicht sein berufliches Ziel darstellte, aber gerade in der Westkurve ein negatives Echo nach sich gezogen hat: Vollath besaß doch glatt die Dreistigkeit, Stammkeeper und Publikumsliebling in Personalunion, Marco Hiller, aus dem Tor zu verdrängen.
Selbst TSV-1860-Anhänger verspotten Vollath
Als Vollath nun diesen Ball durchrutschen ließ, hagelte es Beleidigungen, Pfiffe und Spott selbst aus den eigenen Reihen: "Hiller, Hiller", hallte es aus der Westkurve (mit nur teilweise anwesender Ultra-Szene). Vollaths Ballkontakte wurden "gefeiert".
Es waren auch auf der Haupttribüne Ausrufe zu vernehmen, die wir an dieser Stelle nicht wiedergeben möchten. Der Neulöwe und Ex-Hachinger wurde von beiden Seiten geschmäht. Es dürfte einer der unschönsten Tage in der Karriere des 34-Jährigen gewesen sein.
Der gebürtige Amberger ließ sich auf dem Rasen nicht viel anmerken: Er hielt sich nach dem Patzer kurz die Hand auf den Kopf, dann versuchte er, wieder in den Modus des Profisportlers umzuschalten. Lediglich an seinem schnellen Schritt in die Kabine zur Halbzeit-Pause und seiner Flucht vor den Gesängen der Gästefans mehrere Meter heraus aus seinem Tor ließ sich erahnen, wie es in ihm aussehen mochte.
Nach Pokal-Aus: Teamkollegen stellen sich hinter Vollath
Nach dem Pokal-K.o. lag es an seinen Kollegen, Vollath, der sich selbst nicht äußerte, in Schutz zu nehmen. "Ich will René da keinen Vorwurf machen, denn wir haben danach noch ein ganzes Spiel vor uns", sagte Jesper Verlaat, der zur Pause eigenen Angaben zufolge aufbauende Worte für seinen Keeper hatte:
"Das ist doch eine Mannschaft – gemeinsam die Fehler auszubügeln. Das haben wir heute als Kollektiv nicht geschafft. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen." Starke Worte vom Kapitän, der erkannte, dass 1860 "nicht ganz da war" in diesem Derby.
Ob Vollath nach diesem denkwürdigen Spiel zur Tagesordnung übergehen könne? "René ist ein erfahrener Mann." Verlaat mache sich daher "gar keine Sorgen". Spielmacher Tunay Deniz wolle "natürlich versuchen, ihn aufzubauen".
Tags darauf reagierte auch der Klub in einer starken Stellungnahme und erklärte, die Mannschaft habe bewusst auf die Stadionrunde nach Abpfiff verzichtet, um nach den Schmähungen gegen Vollath ein Zeichen zu setzen: "Beim TSV 1860 sollen gegenseitiger Respekt und Fairness im Vordergrund stehen."