"Wir brauchen diese Wucht!": Köllner macht Dressel zum Sinnbild
Buchbach/München - Die 89. Spielminute lief schon in Buchbach, wo die Löwen mühsam, mit mehr Krampf & Kampf als Souveränität, die zweimalige Führung des Gastgebers im Dreitausend-Seelen-Örtchen egalisiert hatten. Egal, denn in dieser 89. Minute steckte Joker Erik Tallig durch zu Dennis Dressel. Der junge, aber bullige Mittelfeld-Löwe fackelte nicht lange an der Strafraumgrenze. Er zog mit Schmackes ab - und die Sechzger zogen damit ins Halbfinale ein.
"Für uns war es sehr wichtig, auch mal zwei Nackenschläge wegstecken zu können. Jeder hat gedacht: Das war's, der Favorit strauchelt und ist ausgeschieden", sagte ein gelöster Löwen-Trainer Michael Köllner nach dem Pokal-Fight seiner kriselnden Sechzger gegen den formstarken Regionalligisten (Rang vier). Gar nicht so viel Unterschied also zwischen der Profi- und der Amateurwelt der Klubs?
Die Lehren aus der Fast-Blamage
Was bleibt also hängen vom Viertelfinale des bayerischen Landescups am Freitagabend für den Liga-Alltag?
Am kommenden Samstag kommt der SV Waldhof Mannheim ins Grünwalder Stadion (14 Uhr im BR und im AZ-Liveticker) und Chefcoach Köllner dürfte völlig klar sein: Die Leistung seiner Löwen in Buchbach wird gegen den Drittliga-Dritten nicht reichen. Was also tun, welche Lehren ziehen aus der Buchbach-Blamage? Pardon, der Fast-Blamage! Nachdem Köllner im Rahmen einer offiziellen Pressekonferenz die ersten Fragen beantwortet hatte, forderte er im Gespräch mit der AZ von seinen Löwen: Nehmt euch ein Beispiel an Dennis Dressel!
Köllner: "So etwas gefällt mir"
"Dennis ist ja eigentlich ein Linksfuß. Dann nagelt er ihn mit rechts rein!" Es sei "phänomenal", gewesen, sagte Köllner: "So etwas gefällt mir, wenn ein Spieler den Mut hat, so reinzugehen in den Strafraum." Sogar Dressel selbst, eigentlich ein offensiver Mittelfeldspieler und von Köllner regelmäßig zurückgezogen auf die Sechs, habe solche Aktionen trotz seiner Schussstärke "öfter mal verweigert". Nicht so in Buchbach. Diesmal habe sich Dressel gesagt: "Ich muss da durch! Das wird dem Jungen guttun."
Gerade deshalb, weil Dressel mit einem Bein schon in der Zweiten Liga stand. Nicht mit seinen Sechzgern, die bekanntlich am letzten Spieltag der Vorsaison alle Aufstiegshoffnungen begraben mussten. Stattdessen mit dem SV Darmstadt 98, der Dressel holen wollte und den 22-Jährigen schon um den Finger gewickelt hatte, die Ablöseforderungen der Löwen aber nicht erfüllen konnte - oder wollte. Der gebürtige Dachauer hatte sichtlich Probleme damit, sich den erträumten, ganz persönlichen Zweitliga-Aufstieg wieder aus dem Kopf zu schlagen. Köllner dazu: "Mir hat sehr gefallen, dass er kürzlich in einem Interview gesagt hat: Ich möchte mit Sechzig noch was schaffen."
1860-Trainer: "Das ist unsere Art, Fußball zu spielen"
Nun hat er es geschafft, den TSV in die Vorschlussrunde des Toto-Pokals zu schießen. Doch das war beileibe nicht alles, was Dressel und die Giesinger schaffen sollen. Köllner nahm diesen Siegtreffer voller Mut und Willenskraft zum Anlass, eine Forderung an seine zuletzt sechs Mal sieglose 1860-Elf zu richten: "Wir brauchen diese Wucht!"
Auch der Ex-Buchbacher Stefan Lex, mit einem Tor und einem Assist der eigentliche Mann des Spiels, wurde von Köllner bedacht: "Für Lex war es ein ganz wichtiges Spiel an alter Wirkungsstätte, ein richtig gutes Spiel von ihm. Es tut uns gut, dass er in der zweiten Halbzeit so aufgedreht hat, dass Lex merkt: Seine Aktionen werden glücklicher und er belohnt sich für seinen enormen Aufwand."
Und nochmal, damit es sich das ganze Sechzger-Kollektiv gegen starke Mannheimer wirklich merken kann, meinte Köllner: "Wie wir in der zweiten Halbzeit aufgetreten sind, das müssen wir rausnehmen. Das ist unsere Art, Fußball zu spielen."
Der 1860-Trainer hofft "dass wir diese Wucht auch zu Hause im Grünwalder erzeugen können". Wär' doch ne Wucht, wenn es so gut klappt wie bei den Buchbach-Helden Dressel und Lex...