Wildmoser Trauerfeier: "In Liebe Dein Reserl"

Löwen-Fans, Wiesnwirte und Münchner Prominenz: Rund 1000 Gäste kamen zum Waldfriedhof
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Karl-Heinz Wildmoser: Die Trauerfeier
abendzeitung Karl-Heinz Wildmoser: Die Trauerfeier

MÜNCHEN - Löwen-Fans, Wiesnwirte und Münchner Prominenz: Rund 1000 Gäste kamen zum Waldfriedhof

Wildmosers Familie kam um halb 3. Theres, die Witwe, die einen Kranz an die Urne gelegt hatte, mit 100 roten Rosen und den Worten: „In Liebe. Dein Reserl“. Hinter Theres die unehelichen Kinder des Toten. Die Zwillinge Klaus und Heidemarie, neben Theres gingen Tochter Evi und Heinzi, der Sohn, der mit seinem Vater jahrelang nicht mehr gesprochen hatte. Seine Augen waren gerötet.

Tränen gab es einige, am Mittwochnachmittag im Waldfriedhof. Bei der Trauerfeier für Wildmoser, rund 1000 Menschen kamen. Angehörige, Freunde und viele zu einem letzten Servus-Sagen, zu ihrem Wirt aus Hinterbrühl, zu ihrem Präsident aus alten Löwen-Zeiten. Kurz bevor er seine Trauerrede begann, sagte Pschorr-Chef Andreas Steinfatt noch: „Der Karl-Heinz war einer, der große Feste mögen hat. So einen Abschied hat er sich verdient.“ Standesmäßig, stilecht. Schon lange hatte es in der Stadt keine Trauerfeier mehr mit so viel Auflauf gegeben, und schon lange keine mehr, die so Münchnerisch war.

Schon am Vormittag kamen die ersten und machten es sich auf den Bankerln vor der Aussegnungshalle gemütlich. Man überbrückte die Zeit mit Anekdoten von damals („Ja genau, anno fümfasechzg“), mit Prognosen über die Länge der Trauerfeier („Wos, der Ude red’t aa? Jessas, dann dauert’s mindestens a Stund’“) und mit viel Proviant, Leberkässemmeln etwa aus der Alufolie. Zünftig war’s. Kurz nach 14 Uhr dann rückten Friedhofsbeamte mit den Sterbebildern an, darauf Wildmoser, Weißbier, Zigarre. „Des is er“, meinte eine Frau vor dem Kondolenzbuch, „so hamma eahm kennt.“ Barock, bayerisch, herrschaftlich.

Immer mehr bekannte Gäste trafen ein, viele mussten ja gar nicht so früh da sein, sie hatten reservierte Plätze. Werner Lorant kam, der frühere Löwen-Trainer, der mit Wildmoser in den Neunzigern ein Gespann war, das man für unzertrennlich hielt, mit Frau Doris und den Söhnen Tobias (19) und Timo (18). Tourismus-Chefin Gabi Weißhäupl kam mit einer weißen Rose, Christl Estermann, die Wirtin vom Löwenstüberl im schwarzen Dirndl. 1860-Trainer Rainer Maurer kam mit der ganzen aktuellen Mannschaft, und auch Spieler von früher waren da. Thomas Miller, Jens Jeremies, Olaf Bodden, Peter Pacult, Lorants Nachfolger als Trainer, heute bei Rapid Wien.

Da waren auch manche Väter, die erkennen mussten, dass die Namen ihrer damaligen Helden den eigenen Kindern im Grundschulalter eher wenig bedeuten: „Des is der Winkler, kennst den no?“ – „Naa, aber Babba, wer is’n der Blatterte danebn?“ – „Ah, der Dings, der Trares.“

Vom FC Bayern war Paul Breitner da und ein Kranz mit roten und weißen Rosen, auch Schalke 04 und Greuther Fürth schickten Blumengestecke, 41 Kränze waren es miteinander, rings um die Urne. Valentin Tremmel tat es sehr weh, diese Urne zu sehen, er, der Pfarrer aus Obing, ein Freund Wildmosers und am Mittwoch der erste Trauerredner. „Ich bin ja acht Jahr’ älter als der Karl-Heinz und ich hab mir immer vorgestellt, wie er mir dann weiß-blaue Blumen an den Sarg legt, wenn ich einmal sterb’“, sagte er und die Stimme stockte immer wieder. „Aber jetzt muss ich ihm weiß-blaue Blumen hinlegen.“ Und das tat er auch, bevor Christian Ude sprach.

Die Rede des OB , eine bemerkenswerte Ansprache, differenziert und ehrlich, immer mit dem richtigen Ton. Nein, Ude sprach nicht schlecht über einen Toten. Aber sehr kritisch.

Die Rede von Löwen-Präsident Rainer Beeck dagegen, kühl, nüchtern. Eine sachliche Würdigung von Wildmosers Verdiensten für 1860. Aufstieg in die Bundesliga, Umbau der Geschäftsstelle, Aufbau des Jugendleistungszentrums. Zum Schluss erinnerte Beeck an Wildmosers letzte Worte beim Rücktritt 2004: „1860 wird mich nicht mehr sehen.“ Beeck weiter: „Diesen Schwur hat er bis zum Tode eingehalten. Möge er jetzt seinen Frieden finden.“ Gefühlt sank die Temperatur in der Aussegnungshalle weit nach unten. Die Waakirchner Musikanten sangen noch „Die Engel begrüßen Jungfrau Maria“, „Das Tagwerk ist vollbracht“, „Der Mensch muss sterben, du weißt nicht warum“, zum Abschluss spielte der alte Spezl Herbert Huber Wildmosers Lieblingsschnulze „Buona Sera Signorina“, dann war die Trauerfeier vorbei. Nach einer knappen Stunde. Doch nicht länger. Obwohl Ude sprach.

Während die Familie mit einigen wenigen Gästen zum Essen Richtung Hinterbrühl aufbrach, durften die vielen Münchner, die draußen hatten warten müssen, noch in die Aussegnungshalle hinein. Vorbei an der Urne, die die Witwe und die Kinder in den nächsten Tagen im engen Familienkreis beisetzen werden. Die Menschen kamen zu ihm und erwiesen ihm noch einmal die Ehre.

Gleich neben der Urne stand das große Foto, das auch auf dem Sterbebild zu sehen war. Wildmoser in Pose, dominant, zufrieden. Es wirkte, als würde er noch einmal Hof halten, für Menschen, die ihm nichts Böses wollen. Wenn er es noch erlebt hätte, dieser Nachmittag hätte ihm garantiert gefallen. Wenn schon Abschied nehmen, dann wenigstens so. Genau richtig für einen wie Wildmoser.

Florian Kinast

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