Wettskandal: 1860-Spiel sollte manipuliert werden

Im Prozess um Europas größten Fußball-Wettskandal ist vor dem Bochumer Landgericht wieder Brisantes zutage gefördert worden. Es geht auch um ein Löwen-Spiel.
von  dpa

Im Prozess um Europas größten Fußball-Wettskandal ist vor dem Bochumer Landgericht wieder Brisantes zutage gefördert worden. Es geht auch um ein Löwen-Spiel.

Bochum – Neue Enthüllung im Fußball-Wettskandal: Auch ein Länderspiel zwischen Norwegen und Malta steht unter Manipulationsverdacht. Das wurde am Donnerstag vor dem Bochumer Landgericht bekannt. Drahtzieher soll Wettbetrüger Ante Sapina gewesen sein. Der Angeklagte Marijo C. sagte den Richtern wörtlich: „Das war ein Spiel von Ante.“ Die Indizien deuten darauf hin, dass es sich um ein EM-Qualifikationsspiel im Jahr 2007 gehandelt hat. Hintergründe nannte Marijo C. nicht. Nur so viel: „Ich bin damals nach Norwegen geflogen und habe 10 000 Euro gemacht.“

Der Versuch, zuvor auch das Eröffnungsspiel in der Allianz-Arena zwischen 1860 München und dem 1. FC Nürnberg am 30. Mai 2005 zu verschieben, sei dagegen gescheitert, berichtete Marijo C. den Richtern. Nach eigenen Angaben sprach der 35-Jährige den ehemaligen polnischen Nationalspieler Tomasz Hajto an, der damals für Nürnberg spielte. Der Verteidiger sollte den Ausgang beeinflussen. „Aber der hat abgelehnt. Da haben wir das gelassen“, sagte Marijo C.

Er präsentierte sich vor der 12. Strafkammer in echter Plauderlaune, denn nach Ante Sapina hofft auch er nach mehr als 17 Monaten auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft. Sein Verteidiger hatte dafür am Donnerstag sogar 50 000 Euro Kaution angeboten. Die Richter lehnten jedoch ab. Begründung: Es bestehe weiterhin Fluchtgefahr. Staatsanwalt Andreas Bachmann hatte das ähnlich gesehen. Er geht inzwischen von mehr als sechs Jahren Haft aus. Das sei Grund genug, unterzutauchen.

Marijo C. hatte Ende der 1990er Jahre erstmals auf Fußballspiele gewettet. Den ersten Bestechungsversuch gab es 2005. Den größten Coup landeten er und Ante Sapina mit der Organisation einer Serie von Freundschaftsspielen zwischen dem bosnischen Club NK Travnik und Mannschaften aus der Schweiz im Sommer 2009. „Dabei habe ich 240 000 Euro gewonnen“, sagte Marijo C. den Richtern. Vor der Partie gegen den FC Sion am 26. Juni 2009 habe er der Mannschaft von Travnik sogar genaue Anweisungen gegeben. „Ich habe alle in den 16-Meter-Raum gerufen und hielt da meine Ansprache.“ Alle Spieler hätten die Vorgaben abgenickt. Der Vorteil für den bosnischen Verein: Es gab Bargeld, Bälle und Torwarthandschuhe.

Am Rande der Freundschaftsspiele will Marijo C. sogar UEFA-Offizielle getroffen haben. Die entsprechenden Visitenkarten seien bei der Durchsuchung seiner Wohnung sichergestellt worden. Das meiste Geld sei damals mit Live-Wetten verdient worden. Mit besonders heißen Tipps will der 35-Jährige übrigens sehr zurückhaltend umgegangen sein. Manchmal habe er andere Zocker sogar absichtlich in die Irre geführt. „Sie müssen das so sehen“, sagte er den Richtern: „Es gibt ein Huhn – und ein Rudel von Wölfen.“

Der Prozess gegen Ante Sapina, Marijo C. und vier weitere Angeklagte wird am kommenden Montag fortgesetzt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, in unterschiedlicher Beteiligung in die Manipulation von fast 50 Fußballspielen verwickelt gewesen zu sein.

 

 

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