Wettberg warnt 1860-Präsident Mayrhofer

Trainer Friedhelm Funkel muss beim TSV 1860 München um seinen Job bangen. Oder? "Jetzt den Trainer zu entlassen, würde keinen Sinn ergeben für mich", sagt Ex-Löwe Karsten Wettberg und warnt den Präsidenten Gerhard Mayrhofer.
München - Wenn es einen irgendwie positiven Aspekt an der Frühlingsmisere des TSV 1860 gibt, dann diesen: Ab sofort kann sich das Präsidium um Gerhard Mayrhofer und Geschäftsführer Markus Rejek guten Gewissens um die Planungen für die neue Saison kümmern, die dann elfte hintereinander in der Zweiten Liga.
Andererseits: Angesichts des immer mehr um sich greifenden Liebesentzugs der Fans "kann man sich Fehler jetzt nicht mehr erlauben", sagt Karsten Wettberg, der die Löwen einst nach acht Jahren aus der Bayernliga-Diaspora führte und später als Funktionär wie viele vor und nach ihm aber scheiterte bei und am TSV 1860.
Der nächste Schuss, der x-te Neuanfang mit neuem Personal, muss sitzen. Sonst, fürchtet Wettberg, wenden sich auch die letzten Fans ab, verspielen die Löwen noch die letzten Sympathien. Wettberg gehört zu jenen an der Grünwalder Straße, die den geschassten Sportdirektor Florian Hinterberger schon lange kritisch gesehen haben – trotz persönlicher Sympathie seinem Ex-Spieler gegenüber.
Wettberg findet die Mannschaft, wie auch Trainer Friedhelm Funkel, falsch zusammengestellt, er prangert seit Jahren das mangelhafte Scouting-System der Löwen an. Dass der Sportchef also jetzt – mitten in der Saison – gegangen wurde, kann Wettberg nachvollziehen.
Doch er warnt Mayrhofer und Co. davor, nun weiterzugehen. Wettberg, der Mayrhofer schon lange kennt und den heutigen Präsidenten schon 2006 in die Führungsriege holen wollte, macht sich Sorgen, dass Trainer Friedhelm Funkel nun der Nächste sein könnte auf Mayrhofers Abschussliste – und nicht mal mehr das Saisonende erlebt.
Auch Funkel selbst scheint den Braten schon zu riechen, der Trainer wirkte am Sonntag beinahe schicksalsergeben. "Jetzt den Trainer zu entlassen, würde keinen Sinn ergeben für mich", sagt Wettberg. "Diese Saison ist für mich gelaufen. Ein Trainerwechsel könnte jetzt eher noch mehr Unruhe in die Mannschaft bringen, sie noch mehr verunsichern", so Wettberg.
Ergo: Keine Schnellschüsse! Ruhe bewahren, statt den zurecht unzufriedenen Fans (vermeintliche) Handlungsstärke zu verdeutlichen! Zumal sich Funkel nichts zuschulden kommen ließ. "Wer Funkel holt, weiß, was er bekommt. Er ist ein total fleißiger, akribischer Arbeiter, der sich aber nicht verstellt und kein Schauspieler ist. Wer sich jetzt beschwert, dass er an der Seitenlinie keine Mätzchen macht, der hat sich vorher nicht informiert", so Wettberg.
Der Rat des Kult-Trainers an die Löwen-Bosse: "Oberste Priorität hat für mich nun die Position des Sportchefs, nicht die des Trainers." Wettberg plädiert dafür, das Amt aufzuwerten und einen "sehr starken Mann" zu installieren, der "im sportlichen Bereich dann die klare Nummer 1 ist".
Geholt werden sollte also eher ein Typ wie Martin Bader (Nürnberg), Andreas Rettig (früher Köln, Augsburg, jetzt DFL) oder Jörg Schmadkte (Köln) und nicht wieder ein Sportdirektor, der wie Hinterberger die Wünsche der jeweiligen Trainer und Bosse erfüllen musste.
Das heißt für Mayrhofer, Geschäftsführer Markus Rejek und Investor Hasan Ismaik aber auch: Sie sollen einen starken Mann finden, dem sie das Amt zutrauen – ihn dann aber in Ruhe lassen. Denn, so Wettberg: "Dem neuen Sportchef darf im sportlichen Bereich dann auch keiner mehr reinreden – und er darf sich nicht reinreden lassen."
Auch bei der Trainerfrage nicht. Wettberg: "Der Sportchef soll entscheiden, ob er mit Friedhelm weitermachen oder einen anderen holen möchte." Ob das Mayrhofer und Investoren-Berater Noor Basha gefallen würde, die zuletzt immer so stolz darauf waren, dass alle Entscheidungen beim TSV 1860 zuletzt "gemeinsam" getroffen wurden?