Wettberg und der nächtliche Drohanruf
MÜNCHEN - Ist schon selten, dass sich ein Gefeuerter abends mit demjenigen trifft, der die Kündigung unterschrieben hat. Ex-Löwen-Finanzboss Ziffzer und Vize Wettberg traten gemeinsam im TV auf – und offenbarten seltsame Einblicke.
Dass all dies live im Fernsehen gezeigt wird – das gibt es wohl nur bei 1860. Also standen sich Stefan Ziffzer, der geschasste Geschäftsführer, und Vizepräsident Karsten Wettberg am Dienstagabend im DSF-Studio gegenüber. Präsident Albrecht von Linde, der sich schon tagsüber nicht öffentlich hatte äußern wollen, „ist in anderen Besprechungen“, wie Wettberg erklärte. Aha.
Wettberg freilich gab als Stellvertreter keine schlechte Figur ab. Selbst Ziffzer lobte: „Er hat sich immer eingesetzt und engagiert – für Dinge, die eigentlich ein Kollege aus dem Präsidium hätte angehen sollen.“ Gemeint war: von Linde.
"Uns blieb nichts anderes übrig"
Die Standpunkte im Streitgespräch waren bald geklärt. Hier Ziffzer, der erneut über mangelnde präsidiale Rückendeckung für sich und Manager Stefan Reuter klagte. Das habe mögliche Investoren abgeschreckt. Ziffzer: „Ich bete, dass Sie das endlich auf die Reihe kriegen, ein Personalkonzept vorzulegen, dass es einem Investor möglich macht, einzusteigen.“ Dort Wettberg, der Ziffzers Rauswurf nach dessen Brandrede rechtfertigte: „Uns blieb nichts anderes übrig.“
Aber dann gewährte Wettberg unvermutet tiefere Einblicke ins 1860-Innenleben und auf seine eigenen Ambitionen.
Er sagte zu Ziffzer: „Sie haben das Präsidentenamt schon in den Sitzungen vorher beschädigt. Oft haben ich und mein Freund Franz Maget ((der zweite Vizepräsident, d. Red.) vermittelt. Herr Ziffzer, Sie wissen doch um die Rotation, die angedacht ist. Darum verstehe ich nicht, warum Sie das jetzt gemacht haben.“ Mit der Rotation meinte er: den Wechsel auf dem Präsidentenposten. Im kommenden Herbst sollte von Linde eigentlich nach 18 Monaten im Amt seinen Stuhl räumen; Wettberg wäre ein möglicher Nachfolger. Warum also hat Ziffzer von Lindes Amtszeit nicht ausgesessen? Wettberg hätte eine Konstellation mit Ziffzer wohl behagt.
Auch wenn ihm Ziffzer wohl mal auf die Nerven gegangen war. Wettberg hielt ihm im DSF vor: „Sie haben mir am 11. März nachts um 24 Uhr mit Insolvenz gedroht, wenn nicht eine sofortige Erklärung (vom Präsidium, d. Red.) abgegeben wird. Und ich habe stillgehalten zugunsten des Vereins.“
Ziffzer hatte damals verlangt, dass von Linde seine Aussage zurücknahm, die Geschäftsführung hätte „ihre Hausaufgaben“ nicht gemacht. Diese Kritik hätten Finanzprüfer schließlich entkräftet, so Ziffzer: „Wenn dieser Vorwurf aber nicht öffentlich ausgeräumt ist, kann ich nicht auf Kapitalsuche gehen. Dann sind wir insolvent.“ Der Anruf bei Wettberg sei daher „keine Drohung, sondern eine Notwendigkeit“ gewesen.
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