"Wer zahlt, schafft an"
AZ: Herr Al-Sultan, bei 1860 will ein Investor aus Abu Dhabi einsteigen und so den Verein vor der Insolvenz retten. Sie selbst sind Aushängeschild des Abu-Dhabi-Triathlon-Teams. Wie kompliziert ist denn die Zusammenarbeit mit arabischen Investoren?
FARIS AL-SULTAN: Erst habe ich gedacht, dass es sich um einen Aprilscherz handelt, aber dann habe ich mir gesagt, warum nicht? Arabische Investoren sind ja in England, etwa bei Manchester City, aktiv. Zur Zusammenarbeit – die ist etwas diffizil. Auf der einen Seite gibt es die jüngere Generation, die oft BWL im Ausland studiert hat und Bilanzen sehr genau lesen kann. Dann ist da noch die ältere Generation, für die auch andere Elemente eine große Rolle spielen. Dort werden die arabischen Werte viel höher gehalten: Gastfreundschaft, Großzügigkeit. Insgesamt gilt für Arabien, dass Geschäfte auch immer Spaß sind. Das ist bei den Älteren noch wichtiger, deswegen zählen noch andere Dinge als reine Geschäftsinteressen. Beim Umgang muss man daher gewisse Sachen dringend beachten. Ich sage mal so: Mit zotigen Fußballwitzen wird man nicht weit kommen, da bricht man kein Eis, da schafft man es nicht. Man muss sehr auf die Zwischentöne achten.
Ist die Zusammenarbeit schwierig?
Teilweise. In arabischen Ländern hat die mittlere Management-Ebene, die ja die meiste Arbeit macht, letztlich überhaupt nichts zu entscheiden. Das heißt, die Leute, mit denen du verhandelst, sind keine Entscheidungsträger, alles muss über den Schreibtisch des Chefs gehen. Daher passiert es schon mal, dass man verhandelt und dann lange, lange, lange nichts hört. Das kann Wochen, ja, Monate dauern. Dann kommt aber der Anruf und dann muss auch gestern schon alles passiert sein. Diese Hauruck-Aktionen treibt Menschen, die mit einer deutschen Geschäftsmentalität herangehen, oft an den Rande des Wahnsinns.
Wie sehr nimmt ein arabischer Investor wirklich Einfluss, wie sehr achtet man den einen Partner?
In der arabischen Welt weiß man vielleicht noch mehr als bei uns: Wer zahlt, schafft an. Da wird man auch mal bei Spielertransfers eine klare Ansage erhalten. Es gibt aber auch eine andere Seite: Da gibt es wundersame Bauchentscheidungen. Gerade ausländische Trainer stehen unter extremem Druck. Verlierst du drei Spiele, wirst du auch mal entlassen, um dann ein paar Wochen später wiedergeholt zu werden. Oder der Scheich schenkt einem Spieler, der ein Tor geschossen hat, spontan ein Haus. All das gibt es wirklich. Es würde für 1860 sicher nicht leicht, aber der Araber ehrt Traditionen und wenn dieser Verein eines hat, dann das. Bei 1860 ist man ja als Investor nicht am Ist-Zustand interessiert, sondern an einer Idee. Dieser Verein steht für Tradition – das ist das, was den Araber interessiert.
- Themen:
- Manchester City
- TSV 1860 München