Weißblaue Party-Löwen - der Wendepunkt?

Beim TSV 1860 lassen sie es nach dem Klassenerhalt ordentlich krachen. Was die Löwen aus der Hymne "Mit Leib und Seele" lernen können.
München - „Mit Leib und Seele, aus voller Kehle, in den Farben Weiß und Blau!“ So heißt es in der Löwen-Hymne, die an diesem Abend zum Leben erweckt wurde. In den Kneipen, Bars, Café, Restaurants und Clubs – überall saßen, standen, tanzten, lachten, jubelten und feierten die Anhänger des TSV 1860 und sangen dort inbrünstig ihre Hymne. Die Löwen waren los. In der Nacht auf Mittwoch war München weiß-blau.
Den Klassenerhalt. Die Rettung, an die kaum einer mehr geglaubt hatte nach den ersten 70 Minuten beim Relegationsrückspiel gegen Holstein Kiel. Das Überleben in Liga zwei, von dem so viele Schicksale abhängig sind, gehört gefeiert! Laut, exzessiv, feuchtfröhlich. Die Löwen haben das Abstiegsgespenst verjagt – und die Fans beglückt. „Ja, das ist Münchens große Liebe, Stolz von Giesing, TSV.“
Die Löwen selbst ließen in der Nacht nach dem Sieg die Sau raus. Aber so richtig! Eine Party in weiß-blau, besonders die Fans hatten es sich verdient. Auf dem Trainingsgelände feierten Dutzende Anhänger mit Löwenstüberl-Wirtin Christl Estermann. Als später Trainer Torsten Fröhling vorbei kam, um mit Freunden anzustoßen, war das Glück der Anwesenden komplett. „An der Grünwalder Straße daheim, Sechzig München muss es sein.“
Fröhling zog erst spät weiter, stieß um kurz vor zwei Uhr nachts zur Mannschaft. Diese hatte sich in der „Chichi Bar“ in der Altstadt getroffen, zusammen mit den Mitarbeitern von der Geschäftsstelle. Der Klub hatte die Lokalität gemietet, mit Partnern und Freunden machten die Löwen die Nacht zum Tage. Ehe es tatsächlich wieder Tag wurde – und die Feier erst nach sechs Uhr früh zu Ende ging.
Für die Spieler hatte der Spaß schon um kurz nach halb elf in der Kabine begonnen. Die Musik tönte durch die Katakomben der Allianz Arena, die Freude und Erleichterung war bei jedem Spieler im Gesicht abzulesen, der wenig später hoch in den Businessbereich des Stadions zum Abendessen ging. Dort versammelte sich der Großteil des Teams, um in die Stadt weiterzuziehen. Einzig die Spanier Ilie Sanchez, Edu Bedia und Rodri, die in der Kabine noch mit ihren Mannschaftskameraden feierten, sowie Rubin Okotie schlossen sich den Feierbiestern nicht an und verzichten auf eine ausgelassene Party in der In-Bar im Lehel.
Wer Stunden später, am frühen Mittwochmorgen, durch München lief, sah noch immer Menschen in weiß und blau. Manche sehr blau. Freudetrunken. Noch immer feiernd und singend, manche auf dem Heimweg in mehr oder minder wachem Zustand, manche hatten es nicht mehr nach Hause geschafft und eine Parkbank für ausreichend empfunden, den Löwen-Rausch auszuschlafen. An diesem Abend hatte sich für die 1860-Anhänger alles entladen, was sich über 34 Liga- und zwei Relegationsspiele aufgestaut hatte. Bangen, Enttäuschung, Frust, Trauer, Hoffnung, Jubel, Erleichterung. Die 95 Minuten von Fröttmaning an diesem 2. Juni fanden ein mitreißendes Happy End. „Wir leiden mit dir, doch du bleibst immer unser Verein.“
Die Spieler verabschiedeten sich mit dieser Nacht in den Urlaub. Bis zum Trainingsauftakt am 22. Juni haben sie frei. So postete Gary Kagelmacher auf Facebook ein Bild vom Flughafen, von wo er in seine Heimat Uruguay aufbrach. Kagelmacher, der wie kein Zweiter als Symbol für diese Saison gelten dürfte. Als Hoffnungsträger geholt, früh verletzt, dann durch den Clinch mit Gabor Kiraly in der Öffentlichkeit vorgeführt und fortan außen vor. Er kämpfte sich zurück, wurde zum Führungsspieler und am Ende einer der Helden, auf die nun aufgebaut werden soll.
Dieser Aufbau erfolgt ab sofort von der Geschäftsstelle aus. Vorausgesetzt, die Herren von der Grünwalder Straße werden sich einig, wer das Sagen hat. Es gab Stimmen, die nach dem Spiel gegen Kiel erklärten, dass dieser denkwürdige Abend doch allen zeigen müsste, worum es geht. Dass diese Nacht der erhoffte Wendepunkt für 1860 darstellen müsse. Dass jeder nun kapiert haben müsse, was in der Vereinshymne besungen wird: „Denn einmal ein Löwe heißt immer ein Löwe zu sein.“