Weiß-blaue Wellenreiter dank Vollgas-Fans

München - Was so ein Last-Minute-Sieg ausmachen kann. Beim TSV 1860 strahlt plötzlich wieder die Sonne. Vergessen der Heim-Frust. Vergessen die Braunschweig-Lehrstunde. Vergessen die Frage, ob die Löwen überhaupt Abstiegskampf können. Sie können. Einen Löwen-Anteil daran haben auch die Fans. Sie trugen ihre Mannschaft am Samstag zum 2:1-Sieg gegen Bochum. Auf einer Welle der Begeisterung, die 1860 jetzt zum Klassenerhalt tragen soll.
Fünf Spiele bis zur Rettung: Der Countdown wird immer kürzer. Doch obwohl der Abstand nach unten gleich geblieben ist, hat der couragierte Auftritt in der zweiten Halbzeit viele Wolken des Zweifels vertrieben. Statt ans Tabellenende abzurutschen, weil auch die Konkurrenten allesamt gewannen, steht der TSV weiter über dem Strich. „Das ist ganz wichtig“, sagte Co-Trainer Collin Benjamin. „Wir können es weiter aus eigener Hand schaffen – und wir müssen. Wie viele Punkte es dafür braucht, ist erst einmal zweitrangig.“ Und wenn die Löwen am Ende nur wegen der weiterhin deutlich besseren Tordifferenz auf dem 15. Rang stehen würden, wäre ihnen das wohl auch egal.
Bei dem Stimmungsumschwung, der nach dem Dreier nun aber zu spüren ist, hoffen sie auf mehr. Rettung in letzter Sekunde – wie gegen Bochum? So schön das Glücksgefühl gegen den VfL war, so wenig erpicht sind sie auf ein Herzschlag-Finale am letzten Spieltag. Lieber wollen die Löwen das neue Glücksgefühl mitnehmen. Zusammen mit den Fans. „Die Fans haben uns förmlich getragen“, beschrieb Torschütze Marius Wolf die peitschenden Anfeuerungsrufe von den Rängen der Allianz Arena. „Ein Last-Minute-Sieg pusht immer noch mal etwas mehr. Das müssen wir jetzt mitnehmen.“
Mitnehmen werden die Profis bei aller Erleichterung auch ein paar mahnende Worte. Denn beileibe nicht alles, was nach 92 Minuten gegen Bochum glänzte, war tatsächlich aus Gold. „Ich war richtig enttäuscht nach der ersten Halbzeit“, erklärte Benjamin. Mit 0:1 hatte der TSV zurückgelegen, hatte schwach gespielt und mit dem Auftritt erschreckend an das 0:2 aus der Vorwoche in Braunschweig erinnert. Entsprechend hatten Spieler und auch Co-Trainer ein Donnerwetter in der Kabine erwartet. „Ich kenne Torsten schon lange“, sagte Benjamin, der sich auf einen Ausbruch des brodelnden Vulkans Fröhling eingestellt hatte. „Aber er ist ganz ruhig geblieben. Da dachte ich: Puh, das ist Erfahrung.“
Mit dieser Erfahrung – und dem entscheidenden Wechsel Hain für Rodri – brachte Fröhling sein Team wieder auf Kurs. „Ich habe mich in der Pause draußen warm gemacht, deswegen habe ich nicht gehört, was der Trainer gesagt hat. Aber er muss die richtigen Worte gefunden haben“, meinte Siegtorschütze Hain. Worte, die fruchteten und eine Leistung auslösten, die das komplette Gegenteil zur ersten Halbzeit darstellte.
„Die Pfiffe zur Pause waren berechtigt“, gab Benjamin zu, lobte dann aber die Fans für ihr Gespür, im richtigen Moment Vollgas zu geben. „Wie die Leute im Stadion dann Alarm gemacht haben, das hat uns einen Schub gegeben. Diese Welle wollen wir jetzt auf alle Fälle mitnehmen.“ Eine Welle der Erleichterung und des Glaubens, die sich in eine Welle des Erfolg verwandeln soll. Auf dieser Welle will der TSV 1860 nun reiten. Bis zum Schluss. Bis zum Klassenerhalt.