Weigl - von der Zweitliga-Relegation ins EM-Halbfinale?

Der Ex-1860-Profi erlebt seit seinem Wechsel nach Dortmund einen sagenhaften Aufstieg. Jetzt könnte er im EM-Halbfinale gegen Frankreich in die Startelf rücken. "Ich traue es ihm zu", sagt Kumpel Wittek und tippt auf einen 2:0-Sieg.
von  Matthias Eicher
Dicke Kumpel: 1860-Linksverteidiger Maximilian Wittek umarmt Julian Weigl, hier ebenfalls noch im Löwen-Trikot. Weigl spielt mittlerweile auch für Deutschland.
Dicke Kumpel: 1860-Linksverteidiger Maximilian Wittek umarmt Julian Weigl, hier ebenfalls noch im Löwen-Trikot. Weigl spielt mittlerweile auch für Deutschland. © dpa

München - Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Toni Kroos, Mesut Özil, Thomas Müller. Heute Abend trifft die mit Weltmeistern gespickte deutsche Nationalelf im Halbfinale der Europameisterschaft auf Gastgeber Frankreich. (21 Uhr). In den Reihen der Fußball-Stars von Bundestrainer Jogi Löw könnte erstmals in seiner noch jungen Karriere auch ein Name auftauchen, dem der TSV 1860 heute noch hinterhertrauert: Julian Weigl.

Der 20-jährige Mittelfeld-Schlaks von Borussia Dortmund könnte anstelle des verletzten Sami Khedira auf der strategisch wertvollen Position des Ballverteilers vor der Abwehr zum Einsatz kommen: hineingeschmissen in die Vorschlussrunde eines Großturniers – oder im Laufe des Spiels eingewechselt. „Es wäre sensationell, wenn Ju spielen darf. Die Chancen stehen nicht schlecht: Khedira fällt aus, und Bastian Schweinsteiger ist angeschlagen. Ich würde es ihm in jedem Fall wünschen“, sagte Maximilian Wittek der AZ über seinen Kumpel.

Wittek über Weigl: "Wir schreiben uns fast täglich"

Auch der 20-Jährige weiß natürlich um die sagenhafte Entwicklung seines ehemaligen Teamkollegen, mit dem er stets Kontakt gehalten hat: „Momentan kriegt er Nachrichten von Gott und der Welt, sein Handy explodiert. Aber wir schreiben uns nach wie vor, fast täglich. Wir haben unsere kleine Whatsapp-Gruppe mit einigen anderen Freunden.“ Wir erinnern uns: Gemeinsam mit Wittek und dem zu Hannover 96 abgewanderten Marius Wolf hatte Weigl als Youngster bei den Profis für Furore gesorgt. Weigl, Wittek, Wolf – alle Jahrgang 1995 und als „WWW-Boys“ Sinnbild des preisgekrönten Nachwuchsleistungszentrum der Sechzger.

Während Wittek nun im 1860-Trainingslager für eine sorgenfreie Spielzeit in der Zweiten Liga schuftet und Wolf mit Hannover in jene Liga abgestiegen ist, der er zu entfliehen gedachte, fiel Weigls Aufstieg umso deutlicher aus: Für „nur“ zweieinhalb Millionen Euro wechselte der Bad Aiblinger im Sommer 2015 zum BVB. Nach anderthalb wechselhaften Jahren bei den Löwen-Profis und der sinnbefreiten Ernennung zum 18-jährigen Kapitän-Bürschchen unter Ex-Trainer Ricardo Moniz. Und so glaubten nur die wenigsten an die Chance von Weigl.

Vom schlaksigen Löwen zur Passmaschine

Eine Liga höher zählten plötzlich nicht mehr Kraft und Robustheit, im Ballbesitz-Spiel des BVB war Weigls Präzision Trumpf – und machte ihn alsbald zur fast fehlerlosen Passmaschine. Sein Marktwert stieg zwischen Mai 2014, als er sein letztes Spiel im 1860-Trikot absolvierte, innerhalb von zwei Jahren von 200 000 Euro auf rund 14 Millionen.

Weigl ist dennoch am Boden geblieben. Als er die Löwen Ende April besuchte und die Daumen im Abstiegskampf drückte, sagte er auf Nachfrage der AZ, ob der Bundestrainer schon angerufen habe: „Nein, noch nicht. Ich kann sowieso nur von Woche zu Woche meine Leistung abrufen. Ob es dann Olympia mit der U21 in Rio ist, oder die EM in Frankreich, kann ich nicht beeinflussen. Aber klar: Es ist mein großer Traum, für die Nationalmannschaft zu spielen – irgendwann.“

Löw nominiert Weigl - wird er nun Europameister?

Löw hat angerufen und dafür gesorgt, dass sich der Aufstieg des Julian Weigl aus den Niederungen der Zweiten Liga ins DFB-Team beschleunigte. Und sich im EM-Endspurt noch fortsetzen könnte. Wittek: „Ich traue es ihm zu, gar kein Zweifel. Er hat ja die ganze Saison durchgespielt und teils gegen die größten Klubs Europas bewiesen, was er kann.“ Bleibt zu klären, ob Weigl und Co. auch der Einzug ins Finale gelingt. Wittek, der Weigl vor dem Spiel noch viel Glück simsen wolle, glaube daran: „Ich tippe auf ein 2:0.“ Und dann könnte Kumpel Weigl mit den Herren Neuer und Co. sogar Europameister werden.

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