Warum Skandale dem TSV 1860 nicht immer schaden
München - Das Münchner Eishockey ist seit 2013 in Red-Bull-Hand. Wäre alles nach Plan gelaufen, hätte schon vier Jahre früher der Münchner Fußball die blau-rot-weißen Farben getragen. In Giesing beim TSV 1860. Denn wie die „Welt“ zuletzt berichtete, hatten sich die Marketing-Experten von Dietrich Mateschitz die Löwen als eines von vier Übernahme-Zielen ausgeguckt, um den deutschen Fußball-Markt zu erobern. Auch der FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf standen auf der Liste. Das Ende ist bekannt: 1860 sagte Red Bull ab, um sich 2011 in die Arme von Hasan Ismaik zu retten. Und in Leipzig entstand, was man heute RasenBallsport nennt.
Für Peter Ehm, Studienleiter an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing, die richtige Entscheidung aus Sicht des TSV. „Ein künstlich aufgesetzter Marken-Turbo hätte zu 1860 nicht gepasst“, erklärte der Sportmarketing-Experte der AZ. „Synthetik funktioniert bei einer solchen Traditionsmarke nicht. Der Löwe wäre verschwunden, es wäre eine Kunstmarke entstanden, die nichts mehr mit der Marke TSV 1860 gemein gehabt hätte.“
Die AZ erreichte Ehm am Mittwoch nur Minuten, nachdem Löwen-Geschäftsführer Markus Rejek die Akademie verlassen hatte. Rejek hatte vor Studenten über die Marke 1860 referiert und erklärt, warum es der TSV seit langer Zeit nicht schafft, das Wahrzeichen der Grünwalder Straße auch unabhängig von der Unkontrollierbarkeit des Tagesgeschäfts glaubwürdig zu vertreten. „Es wurde über Jahre hinweg versäumt, eine klare Marke zu definieren, eine Philosophie, ein Slogan, der unverwechselbar für 1860 steht“, erklärte Ehm. „'Mia san mia' steht für den FC Bayern, 'Echte Liebe' für Borussia Dortmund. Das ziehen diese Klubs gnadenlos durch. So etwas fehlt den Löwen. Wenn du selbst nicht weißt, wer du bist, kannst du es auch nicht nach außen verkaufen.“
Ehm hofft, dass Rejek die Lehren aus der Vergangenheit der Löwen ziehen wird. „Der TSV ist noch immer ein grandioses Markenzeichen. Das eigentliche Phänomen ist aber, dass die vielen Skandale der letzten Jahre dem Verein nicht nur geschadet haben, sondern sich daraus eine noch viel stärkere Emotionalität entwickelt hat, von der viele Bundesligisten nur träumen können.“ Allerdings hätten gerade die vielen Personalwechsel seit dem Abstieg 2004 extrem geschadet. „Das ist der Grund, weshalb der TSV so wenig Unterstützung aus Münchens Wirtschaft und Politik erfährt. Wenn ständig die Verantwortlichen wechseln, kann ein Klub kein nachhaltiges Netzwerk zu potentiellen Partnern aufbauen.“
Aus Sicht der Löwen kann man also nur hoffen, dass 1860 in den letzten vier Spielen den Klassenerhalt fix macht. Denn sonst wäre Rejeks Arbeit arg gefährdet – genauso wie sein Arbeitsplatz. Auch das wäre nicht untypisch für die Marke TSV 1860.