Wahnsinn! Die Löwen sind gerettet, Biero weint

München - Am Ende gab es für Daniel Bierofka kein Entkommen. Die 1860-Profis packten ihren Interimstrainer, ließen ihn hochleben. „Bierofka! Bierofka!“, hallte es aus der Nordkurve der Arena. „Meine einzige Sorge war ein vierter Bandscheibenvorfall – drei reichen“, sagte der frisch gekürte Löwen-Retter. Nach dem Schlusspfiff gegen Paderborn gab es kein Halten mehr: Weder bei den Fans auf den Rängen, noch bei den Spielern, die wie wildgeworden über den Rasen liefen. Auch nicht bei Bierofka, der seinen Tränen freien Lauf ließ.
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„Ich war einfach nur froh, aber muss die Anerkennung an die Mannschaft weitergeben: Es ist unglaublich, was sie in den letzten drei Spielen geleistet hat“, sagte er nach dem 1:0-Sieg im letzten Heimspiel der Saison. Vor drei Spielen hatte Bierofka die Löwen, punktgleich mit Schlusslicht Duisburg, übernommen. Drei Siege später ist Sechzig gerettet. Dank des Abstaubertors von Jan Mauersberger (73.) haben die Blauen am vorletzten Spieltag der Zweiten Liga nicht nur einen überlebenswichtigen Heimsieg eingefahren – sondern mit 34 Punkten den Klassenerhalt geschafft. Vorzeitig.
Emotional wurde es schon vor dem Anpfiff
„Wir haben kein gutes Spiel gemacht, aber das zählt das nicht. Von daher: egal! Es ist einfach Wahnsinn, dass wir es jetzt schon geschafft haben“, sagte der neue Nichtabstiegsheld, der vor seinem goldenen Treffer laut eigener Aussage nur dachte: „Rubin (Okotie, d. Red.), geh‘ aus dem Weg! Ich bin einfach nur glücklich, dass der Ball dann irgendwie durchgerutscht ist. Dann war Emotion pur. Danach musste ich fünf Minuten lang nach Luft schnappen.“ Emotional wurde es auch schon vor dem Anpfiff: Guillermo Vallori (Atlétic Baleares) und Youngster Richard Neudecker (St. Pauli) wurden verabschiedet, ein Porträt im Löwen-Dress und einen Blumenstrauß garniert mit dem Applaus der 1860-Anhänger. Und Bierofka musste bei der Findung seiner Startelf kurzfristig einen Dämpfer hinnehmen: Romuald Lacazette musste passen, dafür lief Standard-Waffe Michael Liendl auf.
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Schon bevor das Spiel begonnen hatte, war klar: Auf das größte Faustpfand der Löwen im Abstiegskampf war Verlass: 500 Anhänger hatten ihre Löwen tags zuvor beim Abschlusstraining angefeuert, in der Arena waren es 54 100 (Saison-Rekord!). Und die trugen ihren Teil dazu bei, dass engagierte Löwen gut ins Spiel fanden: Mit bissiger Zweikampfführung und schnellen Vorstößen suchten die Sechzger ihr Glück. Erste Riesen-Doppelchance: Daniel Adlung und Daylon Claasen vergaben frei vor dem Paderborner Kasten (11.).
Doch so schnell, wie die blaue Herrlichkeit begonnen hatte, war sie wieder vorbei: Der Bundesliga-Absteiger kam besser ins Spiel, hauptsächlich dadurch, dass er Wittek-Ersatz Milos Degenek hinten links als Schwachstelle ausgemacht hatte. Vor allem über Ex-Löwe Moritz Stoppelkamp ging’s immer wieder gefährlich nahe vor das Tor von Stefan Ortega, beim Abschluss des Adlung-Kumpels aus spitzem Winkel machte Ortega die Beine rechtzeitig zu (30.). Und Sechzig? Liendl setzte einen seiner gefürchteten Freistöße auf’s Tornetz (40.). Sonst nix.
Schwächelnden Löwen gelingt der Lucky
Auch nach dem Seitenwechsel wurde es nicht besser: Paderborn drückte. Und Stoppelkamp kam seinem Treffer immer näher: Der 29-Jährige zog ab – freistehend Ortega angeschossen (50.)! Bierofka reagierte und brachte Sertan Yegenoglu für Degenek. Ein Wechsel, der sich auszahlte. Adlung schoss aus 18 Metern ans Außennetz (59.), Joker Rubin Okotie scheiterte gleich dreimal. Paderborn wehrte sich verzweifelt gegen eine Pleite, die es letzten Endes doch setzte.
Während der SCP als Letzter nur noch (schlechte) Chancen auf den Relegationsplatz hat, sorgte Mauersberger für ein weiß-blaues Jubelknäuel an der Eckfahne, tausende Anhänger lagen sich in den Armen. „Jetzt fällt uns allen ein Stein vom Herzen“, gestand Liendl. Und Mauersberger, der bei Bierofka einen späteren Beginn des Montagstrainings beantragte, sagte: „Wir sind überglücklich, erleichtert und totmüde.“ Für ein Nichabstiegs-Bierchen wird die Kraft vermutlich reichen. Und ausschlafen kann er auch, so „Biero“: „Das Training fällt aus!“