Wahlkampf beim TSV 1860 verschärft sich: "Mehr und mehr Fans begreifen, was gespielt wird"

IHK-Präsident Lutz, Unternehmer Ruhdorfer und Bündnis-Organisator Möst fordern Kursumkehr beim TSV 1860, während Präsident Robert Reisinger gelassen bleibt.
von  Matthias Eicher
TSV-1860-Präsident Robert Reisinger lächelt den Wahlkampf einfach weg.
TSV-1860-Präsident Robert Reisinger lächelt den Wahlkampf einfach weg. © IMAGO/Mladen Lackovic

München - Die Opposition verstärkt ihre Mannschaftsgröße, der Oberlöwe bleibt vermeintlich unbeeindruckt: Während die Löwen durch die 0:1-Pleite gegen Schlusslicht SC Freiburg II wieder Richtung Abstiegszone taumeln, geht der Wahlkampf bei den Blauen in die nächste Runde. Die Protagonisten: IHK-Präsident Professor Klaus Lutz, Unternehmer Klaus Ruhdorfer und Sechzger-Präsident Robert Reisinger.

"Wir gehen von der Realität aus: Wir haben einen Investor. Hasan Ismaik ist da. Es braucht also eine Augenhöhe und klare Prozesse. Die gibt es heute nicht", sagte Lutz vom "BündnisZukunft1860" in einem Oster-Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" und schildert seine Erfahrung im Umgang mit der arabischen Kultur: "Ich habe mit der Baywa in den Emiraten mehrere große Investitionen getätigt. Das funktioniert nur, wenn man sich vertraut." Das durchgestrichene Konterfei Ismaiks schade dagegen "der gemeinsamen Kultur des Vereins".

TSV 1860: "Seit sieben Jahren hat diese Stadion-Clique die Macht in allen wichtigen Gremien"

Zudem vergrößert Ruhdorfer, im Jahr 2018 Organisator und Kandidat des "Team Profifußball", die Opposition im Vorfeld der Neuwahlen des Verwaltungsrats bei der Mitgliederversammlung im Juni. Der Unternehmer, der im Löwen-Lager als Diplomat gilt, möchte der Verzwergung Sechzigs ein Ende machen, die er den hauptsächlich mit Mitgliedern der Organisation "Pro1860" besetzten Vereinsgremien vorwirft.

"Seit sieben Jahren hat jetzt diese Gruppe, ich nenne sie mal Stadion-Clique, die Macht in allen wichtigen Gremien", sagt Ruhdorfer im selben Interview: "Ein Verantwortlicher von Pro 1860 hat ganz klar gesagt: Im Grunde ist es mir lieber, im Grünwalder Stadion Dritte Liga zu spielen als woanders in der Bundesliga." Ruhdorfer spielt auf Pro-1860-Mitglied Hans Vonavka an, der diese Haltung der SZ Mitte 2019 bestätigt hatte.

Klaus Ruhdorfer auf der Mitgliederversammlung des TSV 1860 im Sommer 2018.
Klaus Ruhdorfer auf der Mitgliederversammlung des TSV 1860 im Sommer 2018. © sampics (sampics)

Laut Ruhdorfer, der bei seiner ersten Kandidatur laut eigener Aussage "extrem bekämpft" worden sei, reiche die Ablehnung von Investor Hasan Ismaik und das alternativlose Bekenntnis zum Grünwalder Stadion nicht aus, um die Löwen wieder zum Erfolg zu führen: "Der Eindruck entsteht, dass man auf eine Bestandswahrung aus ist, die auf Traditionen fußt, aber keinerlei Möglichkeiten für die Zukunft lässt. Mehr und mehr Fans begreifen, was gespielt wird."

Lutz und Alexander Möst, der als Organisator des Bündnisses das Interview-Trio der "SZ" komplettiert, fordern eine Kursumkehr und ein konstruktives Miteinander. "Ein Neuanfang ist die einzige Möglichkeit. Wenn wir die Chance haben, im Verwaltungsrat mitzugestalten, müssen wir Schritt für Schritt die wirtschaftliche Basis ausbauen", sagte Lutz. Und Möst ergänzte: "Das Vertrauen ist auf beiden Gesellschafterseiten weg." Dies wolle das Bündnis wieder aufbauen. Ein hehres Ziel, bei dem allerdings vollkommen unklar ist, ob und wie Ismaik mitspielen würde.

TSV-1860-Präsident Reisinger: Sponsoren sollten sich lieber als Gesellschafter beteiligen

Während vereinsnahe Blogs das Bündnis fortwährend kritisieren und Ruhdorfer für manch überspitzte Aussage die "Unwahrheit" unterstellen, meldete sich Präsident Reisinger kürzlich bei "sechzger.de" zu Wort und meinte: "Der Verwaltungsrat des gemeinnützigen Vereins ist das falsche Gremium für Leute, die eigentlich am Rad des Profifußballs drehen wollen." Kann man so sehen, allerdings ist beispielsweise bei der Bestellung der Geschäftsführer der Profifußball-GmbH die Zustimmung des Verwaltungsrates, der auch als Kontrollorgan des Präsidiums fungiert, nötig.

Generell plädiert Reisinger eher für eine klare Trennung, also dass "Sponsoren aus dem Profifußball sich mittelfristig an der KGaA als weitere Gesellschafter beteiligen und deren Vertreter dann im Aufsichtsrat der Profifußball-Gesellschaft Platz nehmen." Denn laut Reisinger würden die Interessen der Profifußball-Sponsoren "nicht unbedingt mit den Zielen des gemeinnützigen Muttervereins übereinstimmen." Dem Bündnis gehört unter anderem Martin Gräfer an, Vorstandsmitglied von 1860-Hauptsponsor "Die Bayerische", der ebenso für den Verwaltungsrat kandidiert.

Zwei Seiten, zwei Visionen – der Wahlkampf mit Lagerkrampf im Löwen-Kosmos ist entbrannt.

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