Von Ba bis Mauersberger: Wer kann Kapitän?

München - Spielführer ist ein selbstloser Job. So sehen es zumindest die Fußball-Regeln des Deutschen Fußball-Bundes.
"Obwohl er für das Benehmen seiner Mannschaft verantwortlich ist, genießt er keine Sonderrechte", heißt es in diesen. Klingt nicht nach einer Win-win-Situation. Und auch beim TSV 1860 ist die Binde im Moment nicht unbedingt das Objekt der Begierde. Fünf verschiedene Spielführer hatte Neu-Coach Vitor Pereira ("Wir sind elf Kapitäne auf dem Platz") in seiner kurzen Giesinger Zeit auf dem Platz. Ein Dauer-Anführer nach dem Rückzieher von Stefan Aigner? Fehlanzeige.
"Natürlich fehlt uns ein absoluter Führungsspieler. Es wird sich in den kommenden Wochen erst herauskristallisieren müssen, wer das sein wird. Wenn sich keiner herauskristallisiert, müssen eben alle elf Kapitäne sein", erklärt Sechzig-Chef Peter Cassalette im Gespräch mit der AZ. "Ich denke, so hat das auch unser Trainer gemeint." Die AZ checkt die Kandidaten: Stefan Aigner: Seine Rückkehr auf den Kapitänsposten ist unwahrscheinlich. Nach langwieriger Verletzung in der Hinrunde wirkte es vor seinem Verzicht regelrecht so, als hemme das Amt den 29-jährigen Ur-Löwen.
"Ich bin im Sommer zurückgekommen, um mit 1860 Erfolg zu haben. Der Aufstieg in die Bundesliga war das klare Ziel", sagte Aigner der "Bild". "Durch verschiedene Umstände, wie Verletzungen und Personalwechsel, hat sich die Situation grundlegend verändert. In dieser neuen Situation kann ich das Amt des Kapitäns nicht zu 100 Prozent ausführen." Liest sich wie ein klares Nein!
Jan Mauersberger: Noch ein gebürtiger Münchner. Doch Mauersberger, beim Pokal-Aus der Löwen in Lotte Kapitän, fehlt aktuell wegen eines Muskelfaserrisses. Der 31-Jährige offenbarte zudem Schwächen in der Spieleröffnung. Sollte Pereira an seinem 3-4-3 festhalten, ist der Innenverteidiger wohl nur Back-up – und damit keine Kapitäns-Option. Daniel Adlung: Alles andere als einen Platz sicher hat auch Adlung. Gegen den KSC saß der 29-Jährige über 90 Minuten auf der Bank, nachdem er in Bielefeld das Team noch auf den Platz geführt hatte. Ohnehin hat der Mittelfeldarbeiter, ehemals zweiter Stellvertreter Aigners, nicht den leichtesten Stand bei den Fans. Doch nach dem Aigner-Rückzieher braucht Pereira eine unumstrittene Lösung.
Michael Liendl: Diese unumstrittene Lösung dürfte auch nicht Michael Liendl heißen. Der Österreicher, der in Bielefeld die Binde von Adlung übernahm, ist einer der besten Fußballer in seinem Kader, das weiß auch Pereira. Doch für sein Pressing ist er nicht dynamisch genug. Im Sommer verlässt er die Löwen, also auch keine zukunftsfähige Lösung.
Kai Bülow: Er köpfte zuletzt als Kapitän gegen Karlsruhe das Siegtor – ein gutes Argument. "Bülow ist von seinem Naturell her nicht der klassische Kapitän, der alle immer anpeitscht", sagt Cassalette. "Aber er ist schon ein paar Jahre bei 1860 und eine Respektsperson im Kader." Solche formt Pereira gerade.
So könnte ein ganz anderer Spielführer werden. Abdoulaye Ba zum Beispiel. Robust im Zweikampf, ballsicher in der Spieleröffnung ist er der Typ Innenverteidiger, wie ihn sich Pereira vorstellt. Zudem hat der Senegalese durch seine 1,97 Meter Körpergröße eine unglaubliche Präsenz auf dem Platz.
Und über Sebastian Boenisch sagt Pereira etwa: "Boenisch links oder rechts, egal, der kann auch zentral spielen. Er kam aus einer Verletzung, hat aber eine Charakteristik, die ich mag. Er will immer tiefe Bälle spielen." Gut möglich, dass es eine Überraschung gibt. Sechzig sucht einen Typen. Einen, der künftig selbstlos vorangeht.