Viktoria-Kapitän Wunderlich: "Wir holen den Dreier, ich zahl' Sascha ein Kölsch!"

München/Köln - Mit seinen 35 Jahren ist Sascha Mölders in Fußball-Deutschland bereits weit gereist - im Herbst der Karriere trifft der Alpha-Löwe daher immer wieder auf alte Bekannte.
Am vergangenen Wochenende gab es das Duell mit Kumpel Aaron Berzel, der mittlerweile für Türkgücü aufläuft und als Siegprämie ein kühles Bier ausgelobt hatte.
An diesem Samstag gibt es das nächste spezielle Aufeinandertreffen für den Kapitän der Sechzger. Beim Auswärtsspiel gegen Viktoria Köln (14 Uhr/Magenta Sport und im AZ-Liveticker) kommt es zum Wiedersehen mit Mike Wunderlich (34). Beide kennen sich noch bestens aus ihrer gemeinsamen Zeit bei Rot-Weiß Essen und dem FSV Frankfurt, ihre Freundschaft hat bis heute gehalten. Wunderlich im AZ-Interview...
AZ: Herr Wunderlich, wenn Sie sich drei Spieler Ihrer Wahl aussuchen könnten, wen würden Sie sich für Ihren Klub Viktoria Köln wünschen?
MIKE WUNDERLICH: Meine Nummer eins ist Sascha Mölders, nachdem er mich kürzlich auch genannt hat (in einem Video des "BR", d.Red.). Außerdem zwei Kollegen, die ihre Fußballschuhe schon an den Nagel gehängt haben, aber die sind hier nicht relevant.
Mike Wunderlich: "Sascha ist damals ein echter Freund geworden"
Sie und Mölders kickten 2009/2010 bei Rot-Weiß Essen, bevor er ein halbes Jahr vor Ihnen zum FSV Frankfurt gewechselt ist. Er scheint damals Wunderlich-Werbung betrieben zu haben.
Wir hatten zwei superschöne Stationen zusammen. Ich hab' immer hinter ihm gespielt, da hieß es oft: Vorlage Wunderlich, Abschluss Mölders - Tor! Das hat er den Verantwortlichen in Frankfurt nicht nur einmal ans Herz gelegt, dass sie nochmal in Essen zuschlagen sollen. (lacht) Wir sind auch abseits des Platzes sehr gut klargekommen, haben in Frankfurt für kurze Zeit sogar in einer WG zusammengewohnt. Man kennt das ja: Elf Freunde müsst ihr sein, aber kaum wechselt man den Verein, verläuft sich das. Sascha ist damals ein echter Freund geworden und über all die Jahre geblieben.
2011 trennten sich Ihre Wege: Während Mölders mit Augsburg in die Bundesliga aufstieg, gingen Sie zu Ihrem Heimatklub Viktoria Köln - aus der Zweiten in die Fünfte Liga.
Sascha ist der beste Stürmer, mit dem ich je zusammengespielt habe, für mich heute noch der beste Drittliga-Torjäger. Er hat seinen Weg absolut zu Recht gemacht. Klar schaut man manchmal mit einem weinenden Auge darauf, was Mitspieler erreicht haben. Ohne arrogant klingen zu wollen: Ich glaube, ich hätte es auch geschafft, es gab nach dem tollen Jahr in Frankfurt einige Anfragen aus der Bundesliga. Das war immer mein Traum. Aber mein Weg sollte ein anderer werden.
Wie Mölders Wunderlich in dessen Krise zur Seite stand
Sie litten damals unter Depressionen, für viele Menschen auch heute noch ein Tabu-Thema. Wie haben Sie es geschafft, damit umzugehen?
Es war eine schwierige Zeit. Ich war komplett ausgebrannt und leer, hatte die Lust am Fußball und manchmal auch am Leben verloren. Mich hat damals sehr gestört, dass es immer hieß, ich wäre dem Druck nicht gewachsen. Das war Schwachsinn, sonst hätte ich ja nicht über zehn Jahre meine Leistung bringen können. Für mich war wichtig, wieder nach Köln in die Heimat zu gehen, auch wenn es in sportlicher Sicht ein Rückschritt war. Umso mehr freut es mich, dass wir direkt den Aufstieg in die Regionalliga geschafft haben und nach sieben langen Jahren vor zwei Jahren endlich in die Dritte Liga.
Hat Ihnen auch Mölders in dieser Phase Beistand geleistet?
Ja, klar. Er war geschockt, als ich ihm gesagt habe, was los ist - wie alle anderen auch. Ich habe ja nie den Anschein gemacht, das lange mit mir herumgetragen. Sascha war auch in meiner schwersten Zeit für mich da. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Was würden Sie anderen Betroffenen raten, die sich in einer ähnlich schwierigen Situation befinden?
Ich kann nur jedem raten, offen damit umzugehen, darüber zu reden und Hilfe anzunehmen. Es muss auch nicht immer drei Ligen zurückgehen, um wieder klarzukommen. Für mich war es der richtige Weg. Klar kann man mal in alte Muster verfallen, aber man geht entspannter mit der Situation um. So habe ich es geschafft, dass es mir besser geht, das ist zum Glück auch so geblieben.
Wunderlich über Mölders: "Würde ihm den Aufstieg wünschen"
Womit wir beim Duell am Samstag wären: Wie groß ist die Vorfreude auf Mölders und die Löwen?
Ich freue mich sehr! Wir haben immer gesagt: Irgendwann spielen wir noch ein drittes Mal zusammen. Jetzt spielen wir wenigstens wieder gegeneinander, wie schon letzte Saison. Wir müssen gut auf Sascha aufpassen. Leider ist die Ausgangssituation ähnlich: Wir haben beide seit vier Spielen nicht mehr gewonnen und brauchen die drei Punkte dringend. Wir haben witzigerweise beide nach dem letzten Spiel eine Brandrede gehalten. Aber das ist auch mal Aufgabe der Kapitäne. Wir würden beide am liebsten ganz oben mitspielen, das ist ja kein Geheimnis.
Sie sind 34 Jahre alt, Mölders 35: Wie lange bleibt noch Zeit für den Aufstieg - oder Ihre dritte gemeinsame Station?
Das zweite wird wohl leider nichts mehr: Ich fühle mich in Köln sehr wohl, der Verein ist ambitioniert und es wäre das i-Tüpfelchen, den Aufstieg in die Zweite Liga zu schaffen. Sascha will aus Mering nicht wegziehen und hat mit den Löwen noch viel vor. Ich habe ihm schon letztes Jahr gesagt: "Häng' noch ein Jahr dran!" Er wird auch mit 36, 37 oder 38 Jahren noch der Beste sein. Ich würde ihm den Aufstieg wünschen. Vielleicht können wir ja danach in der Kreisliga kicken. Für Samstag würde ich vorschlagen: Wir holen den Dreier, und ich zahl' ihm nach dem Spiel ein Kölsch!