Verunsicherung in Grün und Schwarz
Die Löwen blamieren sich mit einem kläglichen 0:0 beim Tabellenvorletzten Ahlen – und Trainer Lienen beschwert sich allen Ernstes darüber,dass der Schiedsrichter nach 90 Minuten abpfeift
AHLEN Auch der Vizepräsident war enttäuscht. Bitter enttäuscht. Franz Maget hatte die Anreise nach Ahlen auf sich genommen – und wurde dann auf der kleinen Ehrentribüne des Wersestadions Augenzeuge eines ziemlich trostlosen Gekickes seiner Löwen. Das 0:0 beim Tabellenvorletzten war eine weitere Blamage für die ambitionierten Sechzger. Kopfschüttelnd stellte SPD-Politiker Maget fest: „Dafür fährst du sechs Stunden mit dem Zug, und dann... Das hat sich wirklich nicht gelohnt! Das ist nach wie vor enttäuschend. Die Mannschaft kann ihr großes Potenzial nicht abrufen.“ Sein Frust gipfelte dann in einen Ausruf: „Irgendwann muss doch der Knoten platzen – und zwar schnell!“
Der Saisonstart der Löwen ist spätestens seit Freitagabend verpatzt: 1860 steht mit vier Punkten nach dem vierten Spieltag wieder im Niemandsland der Tabelle – auf Platz neun. Der Rückstand auf Spitzenreiter St. Pauli beträgt bereits sechs Punkte.
„Ich bin enttäuscht und unzufrieden. Das ist sicherlich kein Traumstart", gab auch Sportdirektor Miki Stevic zu. Und weiter: „Das ist ein Zeichen an die Spieler, dass sie in Zukunft anders agieren müssen. Jetzt ist aber nicht der Zeitpunkt, um alles in Frage zu stellen." Etwa die Zusammenstellung der Mannschaft, die Qualität der Neuen..
Doch Stevic, der 39-jährige Ex-Profi des TSV 1860, sieht die Probleme woanders – in den Köpfen den Spieler. Tatsächlich wirkte das Team, in Ahlen wieder in Grün und Schwarz gekleidet, komplett verunsichert. „Es ist nicht die Frage der Qualität, sondern der professionellen Einstellung“, so Stevic, „die Reihenfolge müsste heißen Einsatz und Leidenschaft, dann die Hacke – und nicht andersrum."
Auch Ewald Lienens Analyse fiel gnadenlos aus: „Wir haben überhaupt keinen Fußball gespielt, nullkommanull. Die zwei Niederlagen haben Spuren hinterlassen, die Mannschaft war verunsichert. Wenn wir hier eine normale Leistung zeigen, dann gewinnen wir.“
Auch Mittelfeld-Chef Florin Lovin, nach dem 1:3 gegen den KSC von Lienen gerüffelt, war erneut schwach: kein Biss, kaum Ideen, wenig Leidenschaft. Lienen: „Flori hat sich sehr zurückgehalten."
Alle Zurückhaltung gab der Löwen-Trainer jedoch auf, als es um Schiedsrichter Sascha Thielert ging. „Das gibt es in keinem Land Europas, dass ein Spiel nach 90 Minuten abgepfiffen wird. Da reg' ich mich fürchterlich drüber auf“; fauchte der 1860-Trainer und fügte hinzu: „Es hat vier Wechsel gegeben und viele Unterbrechungen – und was macht der Schiedsrichter? Der pfeift nach exakt 90 Minuten ab. Das ist völlig emotionslos, hat nichts mehr mit Fußball zu tun. Wir sind am Drücker – und dann gibt's keine Nachspielzeit.“ Eine seltsame Ausrede. Schließlich hatte sein Team exakt eine ernstzunehmende Torchance. So wie Lienens Löwen in den regulären 90 Minuten gekickt hatten, hätte der Referee wahrscheinlich bis Mitternacht spielen lassen können.
Oliver Griss