Verrückte Spiele: "So was passiert sonst nur 1860..."

Reiner Maurer wundert sich über das DFB-Team und erklärt, wieso man solch einen Einbruch im Umfeld eher seinen Löwen zutraut.
München - Die Bilder waren sofort da. Dem einen schossen sofort Erinnerungen an ein peinliches Heimspiel gegen Wiesbaden durch den Kopf, der andere sah eine dramatische Pleite bei St. Pauli vor sich. Auch an eine Fast-Blamage in Cottbus wurde gedacht.
Verständlich: Denn während die deutsche Nationalmannschaft einen 4:0-Vorsprung gegen Schweden auf unmögliche Art und Weise verspielte und mit einem 4:4 leben musste, da saßen die meisten Löwen-Profis vor dem Fernsehen – und einige 1860-Spieler fühlten sich an eigene Spiele aus der Vergangenheit erinnert.
Trainer Reiner Maurer beschrieb es sogar mit einem gewissen Sarkasmus: "Hier im Umfeld herrscht die Meinung, so was passiert doch eigentlich sonst nur 1860. Aber jetzt sieht man mal, wie die Wirklichkeit ist im Fußball.”
Maurer weiter: "Bei 1860 denken viele, so ein Spiel hätte auch zu uns gepasst, das wäre typisch gewesen für den Verein. Aber so ist es nicht, so was passiert auch auf ganz anderem Niveau.”
Bei den Sechzgern, vor allem bei den beiden ehemaligen Nationalspielern Daniel Bierofka und Benny Lauth, war der Einbruch ihrer Nachfolger im DFB-Dress das Topthema am Morgen danach.
Wobei Bierofka sogar gestand, nach der hohen Führung der deutschen Mannschaft schon ins Bett gegangen zu sein. "Ich muss wegen meiner Kinder um 6.15 Uhr aufstehen. Als ich dann das Ergebnis gehört habe, hätte ich mir in den Hintern beißen können”, scherzte der 33-Jährige, der aber Verständnis für den Absturz der DFB-Auswahl zeigte: "Wenn man einmal in so ein Fahrwasser reinkommt im Spiel, dann findet man da nicht mehr raus. Dann ist es meistens schon zu spät."
Und Lauth fand: "Wir haben es selbst schon erlebt. So einen Spielverlauf wünscht man wirklich niemandem. Am besten, man vergisst solche Tage ganz schnell.”
Die AZ zeigt, wann sich auch die Löwen schon mal ähnliche Spiele erlaubten wie nun die Nationalmannschaft:
11. September 2011: Die Sechzger führen 2:0 bei St. Pauli, dann verlieren sie den Faden und gehen noch 2:4 unter. Bierofka sagt: "Ein schlimmes Erlebnis.” Und Kai Bülow weiß noch genau: "Das war ein Schock. Daran hatten wir ganz schön zu knabbern.”
30. November 2008: Nach einer 3:0-Führung in der Allianz Arena vermasseln die Löwen ihr Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden in den letzten 17 Minuten noch und müssen mit einem 3:3 leben. Lauth, der damals das erste Tor schoss, erinnert sich: "Wir haben angefangen zu überlegen, dann gezittert, am Ende waren wir ängstlich und völlig von der Rolle.”
30. November 2002: Da spielten die Löwen noch in der Bundesliga. Und brechen nach einer lockeren 4:0-Führung bei Energie Cottbus in der Schlussphase fürchterlich ein. Der Ost-Club schießt drei Tore in sieben Minuten und steht kurz vor dem 4:4. Lauth erinnert sich: "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Aber wir haben ziemlich gezittert.”
4. Juni 1977: Dass die Sechzger aber auch einen Rückstand wettmachen können, beweisen sie in der Bundesliga-Relegation gegen Arminia Bielefeld. Nach einem 0:4 bei der Arminia gibt es daheim ein 4:0 im Rückspiel. Dann gewinnt 1860 auch das Entscheidungsspiel 2:0 und steigt auf.