Ur-Löwe Eicher: "Ich leide wie ein Fan"

Vitus Eicher trägt seit 14 Jahren das Löwen-Trikot. Seit neun Spielen ist er die Nummer eins beim TSV 1860. Wie sich der Ur-Löwe im Abstiegskampf fühlt.
von  Das Interview führte Marc Merten
Vitus Eicher streckt sich für den Klassenerhalt des TSV 1860.
Vitus Eicher streckt sich für den Klassenerhalt des TSV 1860. © firo Sportphoto

München - Als Jugendlicher stand er bei den Spielen der Profis in der Kurve. Heute steht er selbst auf dem Rasen. Vitus Eicher hat lange für die Chance gekämpft, zwischen den Pfosten seines Heimatvereins zu stehen. Jetzt kann er es - und muss sich mächtig strecken, damit 1860 nicht in die Dritte Liga absteigt. Die AZ sprach mit dem 24-Jährigen.

AZ: Herr Eicher, Sie stehen jetzt seit neun Spielen im Tor des TSV 1860. Drei Siege, drei Unentschieden, drei Niederlagen, elf Gegentore. Wie fällt Ihre persönliche Zwischenbilanz als neue Löwen-Nummer-eins aus?
VITUS EICHER: Wir haben im Vergleich zu den letzten Monaten anständig gepunktet. Das freut mich. Was meine persönliche Leistung betrifft, war sicher nicht alles optimal. Aber ich bin grundsätzlich zufrieden, wie es zuletzt gelaufen ist.

Sie hatten vorher nur ein Zweitliga-Spiel auf dem Buckel gehabt. Haben Sie Zeit gebraucht, sich reinzufinden?
Es ist natürlich etwas anderes, in der Zweiten Liga zu spielen. Das Niveau ist einfach höher, das war am Anfang eine Umstellung. Aber ich hatte in unserer Situation keine Zeit, groß darüber nachzudenken.

Als gebürtiger Erdinger sind Sie in der Region verwurzelt. 1860 ist Ihr Klub. Leiden Sie in der aktuellen sportlichen Situation anders als andere Spieler?
Sechzig ist mein Verein. Hier bin ich seit 14 Jahren. Ich kenne alle Leute hier und habe viele Freunde. Das ist eine absolute Herzensangelegenheit. Insofern ist das manchmal wirklich nicht einfach, weil man den ganzen Tag an den Verein denkt. Aber da hängt einfach das Herz dran, das kann man sich nicht aussuchen. Früher stand ich selbst in der Kurve. Ich leide also genau wie jeder andere Fan oder Mitarbeiter.

Was bedeutet aus Ihrer Sicht der Verein für die Stadt und die Leute?
Den Stellenwert von 1860 sieht man, wenn man in der Stadt oder der Umgebung unterwegs ist. Es gibt überall Sechzig-Fans. Du hast den Weltverein Bayern hier, aber 1860 ist München. Vieles ist in den letzten Jahren alles andere als perfekt gelaufen, aber wenn man Sechzger ist, dann steht man zu dem Verein, egal, in welcher Situation, egal, in welcher Liga. Die Emotionalität ist die große Stärke des Klubs. Das verstärkt sich gerade noch mal mehr, weil es um so viel geht.

Man hatte das Gefühl, dass auch diese Emotionalität einige Spieler lange gehemmt hat. Wie hat sich das unter Torsten Fröhling verändert?
Der Trainer hat uns viel Selbstvertrauen zugesprochen, hat uns das Gefühl gegeben, dass wir wieder an unsere Stärken glauben. Jetzt haben wir wieder das Gefühl, dass wir Fußball spielen können und in der Liga gegen jeden Gegner bestehen können. So hat sich das Gefühl entwickelt, dass wir daran glauben, es zu schaffen.

In dieser Phase haben Sie zusammen mit Korbinian Vollmann Ihren Vertrag verlängert. Auch als Signal nach außen?
Das mit Sicherheit auch, wobei ich dazu sagen muss, dass die Verhandlungen bereits vor dem Zeitpunkt angefangen haben, als ich ins Tor gekommen bin. Wir jungen Spieler, die hier ausgebildet worden sind, haben einen extremen Bezug zum Verein. Da ist es auch als Eigengewächs wichtig zu zeigen, dass wir auch in schlechten Zeiten zu Sechzig stehen.

Diese Saison hat einige Wechsel im Löwen-Tor gesehen. Erst Gabor Kiraly, dann Stefan Ortega, dann Sie – und als Sie sich verletzt haben, wieder Stefan Ortega. Wie geht man in einer kleinen Gruppe mit so vielen Wechseln um?
Es stimmt, wir haben im Torwart-Team sicher viel erlebt in diesem Jahr. Wir hatten untereinander aber eigentlich immer ein gutes Verhältnis. Klar ist Konkurrenzdenken da, jeder will spielen, das ist der Anspruch von uns allen. Aber wir bringen uns großen Respekt entgegen. Und das ist für uns Torhüter sehr wichtig, denn man will abseits des Platzes ja auch mal über die eine oder andere Situation noch mal reden und sich austauschen. Auf dem Platz wollen wir aber alle spielen. Da ist der Konkurrenzkampf da und auch völlig normal.

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