Ungemütliche Monate stehen bevor: Wie geht's jetzt weiter beim TSV 1860?

Trainer Köllner belegt mit 1860 nach dem 1:1 im Saisonfinale gegen Essen nur Rang sechs, spürt aber eigenen Aussagen zufolge den Rückhalt des Vereins. Dennoch stehen jetzt ungemütliche Monate bevor.
von  Matthias Eicher
Köllner stehen jetzt ungemütliche Monate bevor.
Köllner stehen jetzt ungemütliche Monate bevor. © Robert Michael/dpa

München - Hätte man den Sechzgern vor vier Spieltagen gesagt, dass sie als Sechster in die Winterpause gehen, sie hätten einen für verrückt erklärt. Bester Saisonauftakt der Vereinshistorie mit fünf Siegen in Serie, sogar in der Gesamtabrechnung hat Sechzig nun mit 30 Punkten die beste (Teil-)Hinrunde in der Dritten Liga gespielt. Und doch bleibt nach dem Jahresfinale gegen Essen ein deutlich bitterer denn süßer Nachgeschmack.

"Das ist Scheiße. Hätten wir das Gegentor nicht bekommen, hätten uns alle gefeiert", meinte Torhüter Marco Hiller nach dem 1:1 des TSV 1860 in letzter Minute gegen den Aufsteiger konsterniert und ordnete die Leistung und den Ertrag der Sechzger ein: "Wir haben ein gutes Spiel gemacht, das 1:1 ist wie eine gefühlte Niederlage." Am 13. Spieltag noch war das anfangs von ganz oben thronende 1860 immer noch Zweiter, mit vier Punkten Vorsprung auf die Konkurrenz. Seitdem folgte ein Abschwung, der die Giesinger Grundfesten erschüttert. Wie geht's jetzt weiter, Sechzig?

TSV 1860: Großer Druck von außen

Die Trainerfrage:
Die "Bild" will von einem Endspiel für Köllner erfahren haben, das Sport-Boss Günther Gorenzel vorsorglich schon vor dem Duell deutlich dementierte. Der selbst auferlegte Druck (Zitat Köllner: "Wir werden im Mai Großes feiern") scheint 1860 zu lähmen. Während Köllner zuletzt genervt wirkte, ergriff der 52-Jährige nun die Flucht nach vorne: "Wir sind jetzt drei Punkte von Platz zwei weg. Wir werden vom ersten Spiel in 2023 an attackieren - bis zum letzten Spieltag!" Sechzig werde in der Winterpause "hart und lange arbeiten, damit wir in Mannheim voll da sind." Ob auch Köllner dann noch da ist? Auf die Frage, ob er Rückhalt im Verein spüre, antwortete der Oberpfälzer nur: "Ja."

Neulöwe Christoph Lannert meinte auf AZ-Nachfrage, dass sich die Mannschaft damit nicht beschäftige, aber: "Natürlich ist Sechzig ein großer Verein, in dem viel geredet und spekuliert wird. Wir wollen die Aufgaben umsetzen, die uns der Trainer mitgibt. Ich denke, dass wir vieles gut umsetzen konnten: Wir haben uns extrem reingehauen, wir waren griffig, deswegen kann man nicht sagen, wir hätten dieses Spiel nicht angenommen."

Interne Probleme müssen geklärt werden

Die Mannschaft:
Das Essen-Spiel hat gezeigt: Die Mannschaft ist intakt und hat, für das große Ziel Aufstieg und nicht zuletzt für Köllner, alles auf den Rasen geworfen. Der Trainer und sein Team haben es aber verpasst, jegliche Diskussionen mit einem (deutlichen) Sieg einzudämmen und die aufgekommene Unruhe in der staden Zeit in eine versöhnlichere Stimmung zu verwandeln. Nun gilt es für Köllner und Gorenzel, intern die Gründe aufzuarbeiten und die Konsequenzen zu ziehen: Was Köllner definitiv anzulasten ist: Er hat in der gesamten Hinrunde keine echte Startformation gefunden. Zuletzt funktionierte die Offensive nicht, null Tore in vier Spielen aus dem Spiel heraus sprechen eine deutliche Sprache.

Die Aussortierten:
Spielmacher Martin Kobylanski und Joseph Boyamba zählten überraschend nicht zu Köllners 20-köpfigem Aufgebot. Laut Köllner hatte dies rein sportliche Gründe. Der Teamgeist sei jedenfalls intakt, insistierte Hiller.

"Es können nicht alle dabei sein"

Köllner meinte: "Ich kann am Ende nur 20 Spieler nominieren. Es war klar, dass es dabei auch harte Entscheidungen gibt." Vor allem bei Kobylanski, der auf dem Rasen unfit und behäbig wirkte, scheint der Zug damit abgefahren. Ob es zum Winter-Abgang kommt?

Die Bosse:
Was tun also, Löwen? Während Investor Hasan Ismaik Köllner zuletzt deutlich stützte, ragt die Abneigung zwischen Präsident Robert Reisinger und Coach Köllner inzwischen in die Öffentlichkeit. "Wir wissen schon, wie der Verein tickt", meinte Köllner. Vorgänger Daniel Bierofka, der deshalb im November 2019 entnervt aufgegeben hat, lässt grüßen. Köllner dagegen, der sich nach anfänglicher Unbefangenheit ebenfalls mehr in die Vereinspolitik gemischt hat, als manchem Löwen lieb ist, zeigt sich kämpferisch.

Und er sagt: "Am Ende musst du bei deiner Mannschaft bleiben, das ist es, was zählt." Wenn bei Sechzig alle bei sich selbst anfangen würden, könnte es mit dem großen Wurf vielleicht noch was werden. Sonst wird's wohl eng...

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