Ulf Kirsten: "Nachwuchs als Zünglein an der Waage"

München - Fast zwei Stunden harrte er im Regen aus. "Der Schwatte", wie er bei seinem Ex-Klub Bayer Leverkusen nur genannt wurde, beobachtete das Training der Profis und wirkte, als ob er noch immer Lust hätte auf den Rasen zu gehen und mitzukicken. 222 Tore in 429 Spielen für die Werkself, 40 in 98 Spielen zuvor für Dynamo Dresden: Der mittlerweile 49-Jährige blickt auf eine Karriere zurück, von denen die Löwen-Profis bislang nur träumen können.
Den genauen Grund seines Besuchs an der Grünwalder Straße wollte er nicht verraten, sprach aber offen über den TSV. "Es ist schon bitter, was mit 1860 zurzeit los ist. Ein riesiger Traditionsverein, der eigentlich in die Bundesliga gehört, dümpelt da unten rum", sagte Kirsten. "Aber so geht es ja einigen Traditionsvereinen. Das ist sicher ein Problem des Managements. Wenn du eigentlich so viele Fans hast und trotzdem nach unten durchgereicht wirst, dann fangen die Probleme oben im Verein an."
Dennoch glaubt Kirsten daran, dass 1860 bessere Voraussetzungen hat als viele andere Traditionsklubs, die mittlerweile in die dritte oder vierte Liga durchgereicht wurden. "1860 ist für mich nach wie vor ein Verein mit großem Potential. Der Verein hat immer von seinen Talenten gelebt, von seiner sehr guten Nachwuchsabteilung, die noch immer da ist", so der Nationalspieler, der erst für die DDR und später für Deutschland aufgelaufen war. "Der Nachwuchs ist das wahre Kapital. So schlau wird man bei 1860 sein, das beizubehalten. Ich unterhalte mich mit vielen Leuten, auch aus der Region. Und da schwärmen noch immer alle von der Nachwuchsarbeit der Löwen. Das könnte irgendwann auch wieder das Zünglein an der Waage sein, um wieder hoch zu kommen."
Sein eigener Nachwuchs spielt für Kirstens ehemaligen Klub Dynamo Dresden. Benjamin Kirsten steht seit 2009 für die Schwarz-Gelben zwischen den Pfosten.