Ude: „Hirnrissige Illusionen“

Am Samstag verabschiedet sich OB Christian Ude nach 13 Jahren aus dem Aufsichtsrat des TSV 1860.In der AZ blickt er zurück – und erklärt, wieso er nichts von einer Rückkehr ins Grünwalder hält.
von  Abendzeitung
Einst Mitglied des Aufsichtsrats beim TSV 1860: Oberbürgermeister Christian Ude.
Einst Mitglied des Aufsichtsrats beim TSV 1860: Oberbürgermeister Christian Ude. © Rauchensteiner/Augenklick

Am Samstag verabschiedet sich OB Christian Ude nach 13 Jahren aus dem Aufsichtsrat des TSV 1860.In der AZ blickt er zurück – und erklärt, wieso er nichts von einer Rückkehr ins Grünwalder hält.

AZ: Herr Ude, am Samstag treten Sie nach 13 Jahren als Aufsichtsrat beim TSV 1860 zurück. Ist das jetzt nicht der falsche Zeitpunkt, schließlich kämpfen Ihre Löwen aktuell wieder einmal gegen den Abstieg aus der Zweiten Liga?

CHRISTIAN UDE: Tatsache ist, dass es bei 1860 immer noch viel zu tun gibt, vor allem auf dem Spielfeld und im Management. Aber es hat in den letzten Jahren eigentlich nie den richtigen Zeitpunkt gegeben, um mit einem guten Gefühl abzutreten. Es gab immer wieder Krisen, aber jetzt habe ich einen Grund zu gehen: die Bewerbung für Olympia 2018. Die Bewerbung und der TSV 1860, das wäre einfach zu viel im Sportbereich. Aber mit Hep Monatzeder (Grüne/3.Bürgermeister, d. Red.) kommt ein guter Mann zu den Löwen zurück. Er sorgt weiter für die Verzahnung zwischen Stadt und Verein.

Nächstes Jahr feiert der TSV 1860 sein 150-jähriges Bestehen – womöglich in der Dritten Liga?

Das darf nie passieren! Ich wünsche mir, dass mit den Feierlichkeiten im nächsten Jahr auch ein Schlussstrich unter die Krisenzeiten gezogen werden. Diese Pechsträhne muss endlich vorbei gehen. Nach dem Start in die laufende Saison hätte ich nie geglaubt, dass wir jetzt gegen den Abstieg spielen.

Werden Sie sich bei der Delegiertenversammlung des Klubs am Samstag im Ballhaus in Unterschleißheim eigentlich persönlich verabschieden?

Ja, natürlich. Ich werde vorbeischauen und will mich nicht französisch verabschieden. Aber wie so oft: Ich kann nicht lange bleiben. Der Terminkalender ist voll.

Dieses Problem begleitete Sie eigentlich in all den 13 Jahren als 1860-Aufsichtsrat. Welche Momente mit den Löwen sind Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Es waren Jahre des Treueschwurs, Jahre nach dem Motto: Einmal Löwe, immer Löwe! Die Treue der Fans zu ihrem Verein hat mich beeindruckt und die Begegnungen mit besonderen Menschen: mit Radi Radenkovic, er war das Idol meiner Kindheit – und natürlich mit Fredi Heiß.

Und was war negativ?

Manchmal habe ich den Realismus bei den handelnden Personen vermisst.

Könnten Sie das konkretisieren?

Ich finde es schade, dass so viel Zeit und Kraft in das Grünwalder Stadion investiert wird. Man sollte sich lieber um den Aufstieg kümmern als um die Vergangenheit.

Der Verein hat aber mit Unterstützung von Präsident Rainer Beeck eine Projektgruppe „Stadionzukunft“ ins Leben gerufen, um zu prüfen, ob eine Rückkehr möglich ist...

Nochmal: Das ist vergebliche Liebesmüh. Zunächst ist die Stadt Eigentümer des Stadions; der Bau einer Zweitliga-arena ist nicht möglich, die Stadt ist nicht in der Lage, einen Neubau zu errichten. Außerdem ist mir nicht bekannt, dass der Verein aus den Stadionverträgen mit der Allianz Arena kommt. Ich sehe dafür keine Anzeichen.

Und was, wenn ein Investor ein Stadion baut?

(lacht) Ich habe noch nie einen Investor kennen gelernt, der zig Millionen für die Sechziger aus der Westentasche zieht und sagt: „So, jetzt bauen wir ein Stadion!“ Das sind hirnrissige Illusionen! Und selbst wenn dann mal ein Investor kommen würde, müsste sich der ans Planungsrecht halten.

Um die Kosten in der Allianz Arena zu senken, hat der TSV 1860 in Person von Geschäftsführer Manfred Stoffers eigenmächtig die Zahlungen fürs Catering reduziert, angeblich um 50000 Euro pro Spieltag. Was halten Sie von diesem Vorgehen?

Stoffers hat das Recht, das Thema anzusprechen, denn wenn ein Vertrag nicht der Realität entspricht, weil die Vorgänger aus Selbstüberschätzung irgendetwas unterschrieben haben, dann muss man den Vertrag anpassen.

Angeblich ist 1860 an der Säbener Straße abgeblitzt.

Ich höre von Seiten der Bayern eine andere Version.

Welche?

Dass gar keine seriösen Gespräche mit 1860 stattgefunden haben. Mein Vorschlag: Die Löwen sollten den Bayern jetzt akzeptable Kompromissvorschläge machen. Ihnen muss klar sein, dass es nur mit dem Entgegenkommen der Bayern geht und nicht mit gegenseitigen Beschimpfungen. Wenn das nicht funktioniert, sieht man sich möglicherweise vor Gericht. Dies würde ich sehr bedauern.

Interview: Oliver Griss

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