TSV-1860-Trainer Jacobacci mit emotionalem Appell an die zerstrittene Vereinsspitze

München - Ruhig ist es beim TSV 1860 selten. Und wenn, dann nur kurzzeitig. Zu Beginn der Saison beispielsweise ging es im Vorstand vergleichsweise harmonisch(er) zu. Dafür verlor die Mannschaft vier Drittligaspiele am Stück.
Nun ist nahezu das Gegenteil der Fall: Während das Team seit drei Ligaspielen ungeschlagen ist und mit einem weiteren Erfolg bei Viktoria Köln am Samstag(14 Uhr, BR, Magenta Sport und im AZ-Liveticker) an die Spitzengruppe andocken kann, zerfleischt sich der Verein mal wieder selbst.
"Unabhängig von der Qualifikation": HAM-Seite lehnte alle Sportboss-Kandidaten des Vereins ab
Knackpunkt eins: Die Suche nach einem neuen Sportdirektor. "Von einem Vertreter unseres Mitgesellschafters wurde mir persönlich unverblümt erklärt, es wäre völlig unerheblich, welchen Namen der Verein in den Ring wirft. Sobald öffentlich klar sei, es handelt sich um einen Kandidaten des Vereins, würde ihn HAM, unabhängig von dessen Qualifikation, kategorisch ablehnen", erklärte Vizepräsident Heinz Schmidt zuletzt im "Wochenanzeiger".
Der seit Monaten laufende Prozess, der in Dr. Christian Werner, einem promovierten Sportwissenschaftler (seit 1. Juli vertragslos) sein Ende zu finden schien, könnte sich nun doch länger hinziehen.
Verhältnis zwischen Reisinger und Sitzberger gilt als belastet
Knackpunkt zwei: Das Sitzberger-Sponsoring. Auch der zweite Vizepräsident, Hans Sitzberger, einer der treuesten Löwen, sorgt dieser Tage für Schlagzeilen. Oder vielmehr seine Kinder: Nach AZ-Informationen haben Clarissa Schellong und Christian Sitzberger den seit mittlerweile 17 Jahren laufenden Sponsoring-Vertrag mit dem TSV 1860 gekündigt. Ein mächtiges Beben im Löwen-Kosmos, ist gerade Sitzberger derjenige, der die seltene Gabe hat, zwischen den zerstrittenen Gesellschaftern zu vermitteln.
Grund für den radikalen Schritt ist die vergiftete Atmosphäre unter den Gesellschaftern wie innerhalb des e.V.-Präsidiums. Seit dem Alleingang von Präsident Robert Reisinger mit Horst Heldt als möglichem Nachfolger von Günther Gorenzel als Sportdirektor gilt das Verhältnis zwischen ihm und Sitzberger als extrem belastet.
"Es braucht viel, viel mehr Ruhe": Jacobacci zählt die Vereinsspitze an
Und die Mannschaft? Trainer Maurizio Jacobacci betonte auf der Pressekonferenz nachdrücklich, dass der Verein sich selbst mit diesen Bedingungen, im Hinblick auf das große Ziel, den Aufstieg in die 2. Bundesliga, schadet: "Für das braucht es noch etwas ganz anderes: Es braucht Kontinuität, in der Arbeit, in der täglichen Arbeit und viel, viel mehr Ruhe. Und die ist im Moment nicht gegeben", erläuterte der Cheftrainer mit ernster Miene. "Darum müssen wir schauen, dass wir Schritt für Schritt arbeiten. Am Ende der Hinrunde dürfen wir dann auch mal auf die Rangliste schauen und sehen, was wir in dieser Zeit umgesetzt haben. Die Fans sollten das auch verstehen."
"Diese Positivität hilft": Jacobacci mit emotionalem Appell an die Vereinsspitze
Gleichzeitig appellierte Jacobacci in einem emotionalen Monolog zu mehr Positivität, nicht nur von Fanseite, sondern auch im Umfeld: "Diese Positivität zieht in die Mannschaft herein, die hilft. Wollt ihr mehr von dieser Mannschaft? Helft ihr, sie wachsen zu lassen."
Eine Ansage, auch an die Vereinsspitze. Auf die Frage, ob Jacobacci Unterstützung von Reisinger habe, antwortete er mit einem fast schon resignierten wie verzweifelten Lachen und schob deutlich hinterher: "In letzter Zeit hatte ich keine Gespräche mit dem Präsidenten."
Ein wenig mehr Optimismus und Zuversicht würde dem Trainer wohl die Arbeit erleichtern und vielleicht auch, wenn nur kurzfristig, für mehr Entspannung auf der Führungsebene sorgen.