TSV 1860: Trainer-Experte Anselm Küchle erklärt – "Jacobacci tut Sechzig gut"

München - Bei Sechzig geht es unter dem neuen Löwen-Dompteur Maurizio Jacobacci wieder bergauf. Nach zwei Unentschieden gab es zuletzt bei Erzgebirge Aue den ersten Dreier mit dem Italo-Schweizer an der Seitenlinie.
Aber mit welchen Kompetenzen hat es Jacobacci geschafft, dem Team wieder neuen Aufwind zu verleihen?
Die AZ hat darüber mit Dr. Anselm Küchle gesprochen. Der 31-Jährige ist für den Bereich Aus-und Weiterbildung am Internationalen Fußball Institut (IFI) in München verantwortlich und hat seine Doktorarbeit über Trainerkompetenzen im Spitzenfußball geschrieben.
Küchle: "Finde es positiv, wie er sich beim Coaching auf dem Spielfeld benimmt"
Seine erste Einschätzung zum neuen Coach an der Grünwalder Straße 114: "Ich finde es positiv, wie er sich beim Coaching auf dem Spielfeld benimmt – und wie er mit den Spielern umgeht."
Am Ende entscheiden jedoch vor allem die Leistungen der Löwen-Profis darüber, ob Jacobacci der richtige Trainer für die Münchner ist. Als Kompetenzen, mit denen der 60-Jährige die Giesinger führt, nennt Küchle vor allem drei Punkte: "Eine starke Kommunikationsfähigkeit und Begeisterungsfähigkeit gepaart mit Glaubwürdigkeit."
Auch dadurch, dass Jacobacci mehrere Sprachen spricht, erreiche er die Mannschaft derzeit sehr gut. "Er hat natürlich zusätzlich das ein oder andere Werkzeug benutzt, um an die Mannschaft wieder näher ranzukommen“, erklärt Küchle, der als Gastgeber des DFB-Podcasts "Trainer*innen-Kompetenzen im Profifußball" mit Cheftrainern wie Julian Nagelsmann oder Michael Köllner über ihr Verständnis von Fußball spricht.

Spieler des TSV 1860 haben die Spielidee von Jacobacci verinnerlicht
Auffällig bei Jacobacci findet Küchle vor allem dessen Umgang mit Führungsspielern: Er hat gestandene Profis wie Quirin Moll oder Jesper Verlaat durch mehr Spielzeit gestärkt – und auch die Mannschaftsstruktur ein wenig umgekrempelt.
"Boyamba, der in der Hitliste von Michael Köllner nicht ganz oben war, wird jetzt wieder berücksichtigt und hat es mit guter Leistung zurückgezahlt", betont Küchle.
All das sind kleine Veränderungen, die häufig zu einem positiven Effekt führen können. Den guten Draht zum Team, den Jacobacci aufgebaut hat, habe man laut Küchle vor allem in Aue beobachten können, die Mannschaft habe die Spielidee des Italo-Schweizers großteils verinnerlicht: "Man sieht, sie spielen einen geradlinigen Fußball, der eher schnell in die Tiefe geht und nicht so in die Breite."
Köllner legte extrem hohen Wert auf Selbstdisziplin
Am besten zu erkennen ist der neue Löwen-Stil am Ballbesitz. "Die Mannschaft hat jetzt nicht mehr so oft den Ball, aber am Ende des Tages gewinnt Sechzig , weil sie sehr viele Torabschlüsse haben. Das hat auch schon das Spiel von Jacobacci in der Vergangenheit ausgezeichnet", erklärt Küchle.
Auch die Trainingseinheiten von Jacobacci und seinem Vorgänger sind verschieden. "Köllner ist jemand, der über eine extrem hohe Selbstdisziplin kommt, sehr detailversessen ist und einen hohen Wert an systematischen Aufbau legt", beschreibt Küchle. Im Gegensatz dazu gibt Jacobacci den Spielern mehr Freiheiten im Offensivspiel.

Löwendompteur Jacobacci lässt Löwen-Kickern mehr Freiheiten im Offensivspiel
Dadurch können Flügelstürmer wie Boyamba oder auch Kapitän Stefan Lex ihre individuelle Qualität wieder besser ausspielen. Das wird der neue Löwen-Coach in den nächsten Wochen laut Küchle weiter optimieren wollen: "Ich glaube, dass Sechzig versuchen wird, noch schnörkelloser in den Strafraum zu spielen."
Dann werde sich laut des Experten auch herausstellen, wie Jacobacci im Alltag mit schwierigen Entscheidungen umgeht. Dass er auch das recht souverän kann, hat er etwa beim Verzicht auf Raphael Holzhauser bewiesen.
Küchle ist sich sicher: "Ich glaube schon, dass Sechzig jemand wie Jacobacci gut tut, der da mit einer Dynamik an der Seitenlinie steht und mit Herz die Mannschaft mitreißt."