TSV 1860: Sechzigs Tiefstapler kommen dem Aufstieg immer näher

Nicht mal ein Blackout kann die Sechzger stoppen. Die Löwen springen auf Platz drei – stapeln aber weiter tief: "Wenn wir Platz vier abgesichert haben, können wir uns mit anderen Themen beschäftigen."
von  Matthias Eicher
Jubelnde Löwen: Torschütze Richard Neudecker (m.) und Sascha Mölders (r.).
Jubelnde Löwen: Torschütze Richard Neudecker (m.) und Sascha Mölders (r.). © sampics/Augenklick

München - Kaum hatten es sich tausende Löwen-Fans voller Vorfreude und Anspannung vor dem Fernseher gemütlich gemacht - zapp - plötzlich war der Saft weg im Carl-Benz-Stadion. Ein Glück, dass es nicht die Sechzger waren, die nach nur 20 Sekunden einen Blackout hatten.

TSV 1860: 1:0 nach Stromausfall

Das Duell des TSV 1860 bei Abstiegskandidat Waldhof Mannheim am Samstag hatte noch gar nicht begonnen, schon klagte TV-Sender "Magenta Sport" über einen Stromausfall. Elektrisierende Spannung? Sicherung raus!

Als das Bild nach fünf Minuten wieder lief, stand auf der Anzeigetafel: Mannheim null, Sechzig eins. Richard Neudecker schoss die Mannschaft von Trainer Michael Köllner rekordverdächtig früh in Führung (1.).

Blitzstart für die Löwen

"Steini hat mich gesehen und wollte diagonal spielen. Ich bin dann einfach in Saschas Laufweg reingelaufen", sagte Vollstrecker Neudecker lachend über seine Dreistigkeit, nach der Flanke von Phillipp Steinhart in Sascha Mölders' Revier aufzutauchen: "Dann legt er mir perfekt rein, da musste ich gar nicht mehr so viel machen, das war blindes Verständnis."

Blitz-Start des TSV – und außer den Stadionbesuchern bekommt es keiner mit.

Die Waldhöfer hatten nach zwei 0:5-Klatschen (im Hinspiel gegen 1860 sowie am Mittwoch beim 1. FC Saarbrücken) sichtlich Wut im Bauch und mehrere gefährliche Konter im Köcher. Doch auch schwungvolle Sechzger standen, um im Bild zu bleiben, von Anfang bis Ende unter Strom: Dennis Dressel machte erst weit in der Nachspielzeit und nur Sekunden vor Spielende den Deckel drauf (96.).

Löwen schnuppern an der Zweiten Liga

Der verdiente Lohn: Relegationsrang drei! Weil Dynamo Dresden zum vierten Mal in Folge patzte, schnuppern Köllners Mannen weiter an der Zweiten Liga. Doch auch der achte Ungeschlagen-Streich der Giesinger führt noch lange nicht zu einer Kampfansage an die Konkurrenz – im Gegenteil: "Der Aufstieg ist für uns im Moment nicht interessant", stellte Neudecker klar.

Wie bitte? Richtig gehört: Die Löwen verweigern das A-Wort weiter vehement.

Das steckt hinter Sechzigs Tiefstapelei

Sechzigs Tiefstapelei, sie erklärt sich schon allein aus der Vergangenheit des stolzen Traditionsvereins: Seit der einzigen Meisterschaft 1966 träumte der Klub von einer Wiederholung. Seit dem Abstieg aus der Bundesliga im Jahre 2004 sollte es zumindest die Rückkehr in jene Sphären sein, in die man einer Unmenge an Ex-Spielern, Funktionären und Fans zufolge hingehöre.

Zu oft gingen die Schüsse vollmundiger Aufstiegs-Parolen nach hinten los. Frag nach beim Holländer Ricardo Moniz (Sommer 2014: "Wir müssen Meister werden") oder dem portugiesischen Abstiegstrainer Vitor Pereira (Winter 2016: "We go to the top"):

Auch der Slogan "Jagdsaison" in der Spielzeit 2013/14 hinterließ nur Rang sieben – und einen noch vor Saisonende arbeitslosen Friedhelm Funkel.

Sechzig in der Rolle des Verfolgers

Sport-Boss Günther Gorenzel hat sich schon etwas dabei gedacht, als er nach dem 0:1 gegen den MSV Duisburg in schier aussichtsloser Lage zur Löwen-Jagd blies: Sechzig in der Rolle des Verfolgers, der Druck bei den Gejagten. Während 1860 ungemein stabil wirkt, ging dem Spitzentrio zuletzt immer wieder die Düse.

Wo andere Trainer langsam aber sicher selbstbewusste Kampfansagen an die Konkurrenz richten würden, bleibt Schuster Köllner bei Sechzigs Leisten: "Wir müssen die Tabelle schon korrekt lesen. Es fehlen noch zwei Nachholspiele von Dresden", meinte der 51-Jährige. Seine Kicker hat er längst dazu verdonnert, nur von Spiel zu Spiel zu schauen.

Auf erneute Aufstiegs-Nachfrage richtete Köllner den Blick einmal mehr auf die Qualifikation für den DFB-Pokal: "Wenn wir den vierten Platz abgesichert haben, können wir uns mit anderen Themen beschäftigen."

Die Sechzger-Fans hätten vermutlich kein Problem, wenn ihre Löwen endlich wieder zweitklassig werden – und erst danach darüber sprechen.

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