TSV 1860: Poschners Proben

Sportchef Gerhard Poschner reiste am Mittwoch ins Trainingslager. Dort ist bisher nur ein weiterer Testspieler aufgeschlagen. Hennings ist vom Tisch, andere Transfers ziehen sich weiter hin. Vier sollen kommen
von  Matthias Eicher
Zwei Verteidiger, einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer werden die Löwen noch holen, "glaubt" Sportchef Gerhard Poschner.
Zwei Verteidiger, einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer werden die Löwen noch holen, "glaubt" Sportchef Gerhard Poschner. © Rauchensteiner

München - „Wir kriegen immer nur die Brüder oder Cousins von den Guten, nie die Originale“, sagte ein Kiebitz des TSV 1860 gestern. In seiner Stimme schwang Humor mit. Und auch ein bisschen Resignation. „Das ist der falsche Lacazette. Ex-Löwe Abedi Pele dachte früher auch, dass er zu Bayern geht und nicht zu uns.“ Um wen es diesmal geht? Romuald Lacazette, den neuen Probespieler der Löwen. Denn der Cousin von 30-Millionen-Mann Alexandre Lacazette von Olympique Lyon steht sinnbildlich für die Transfer-Misere der Löwen.

Der Fan beobachtete beim Vormittagstraining den 21-jährigen zentralen Mittelfeldspieler, der zwar einen namhaften Arbeitgeber vorweisen kann (Paris St. Germain), aber keine hochklassige Vita. Ansonsten stand kein Neuzugang auf dem Platz. Sondern eben „nur“ der nächste Testspieler. Das Mittelfeld-Talent, das in der Reserve des französischen Hauptstadtklubs kickt, anstatt Superstar Zlatan Ibrahimovic mit Vorlagen zu füttern, reiste am Dienstagabend an.

Und noch einer schaute in Bad Häring vorbei: Sportchef Gerhard Poschner. Lockeres Outfit, einfaches Shirt und Jeans, so saß er vor dem Haupteingang des Löwen-Hotels. Von Neuzugängen konnte er noch nichts berichten, auch, weil sich nach AZ-Informationen der Transfer des Freiburgers Mensur Mujdza trotz Einigung mit dem Spieler wegen der Vorstellungen der Breisgauer hinzieht. Zweitliga-Torschützenkönig Rouwen Hennings? Er schüttelte den Kopf. Der Ex-Mainzer Andreas Ivanschitz, zuletzt vertragslos und angeblich selbst an 1860 interessiert? „Er ist Stand jetzt kein Thema“, sagte Poschner der AZ.

Also sprach er eben über den neuen Test-Löwen: „Er wurde uns angeboten, dann haben wir ihn in einem Vorbereitungsspiel mit Paris St. Germain beobachtet“, sagte Poschner über das Talent, das doch etwas behäbig daherkommt und bei der ersten Einheit die Pässe etwas zu locker über den Rasen hoppeln ließ. Auch Poschners folgende Worte verdeutlichen, dass Lacazette nicht plötzlich zu seinem Cousin werden wird: „Wir haben nichts zu verlieren, wenn wir ihn uns genauer ansehen.“

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Poschner und seine Probespieler – eine Sache für sich. Weil die Liga-Zugehörigkeit lange ungeklärt war, das alte wie das neue (Not-)Präsidium den Sportchef zunächst blockierte, spielen junge, billige Spieler vor, damit zumindest etwas vorwärts geht. Bei Milos Degenek hat’s geklappt, der Innenverteidiger wurde unlängst mit einem Vertrag bis 2017 ausgestattet – als Backup-Verteidiger (Kommentar Poschner: „Den hat auch keine Sau gekannt.“). Bei Aias Aosman hingegen ist der Schuss nach hinten los gegangen: Der Offensivspieler mit syrischen Wurzeln suchte nach dem Abstieg von Jahn Regensburg einen neuen Verein, machte sich zwei Wochen bei den Löwen fit – und wechselte schließlich zu Drittligist Dynamo Dresden.

Der eigentliche Probekandidat mit womöglich schnellem Ablaufdatum ist Poschner selbst. Zwei Wochen hatte ihm das Interims-Präsidium um Siegfried Schneider und Karl-Christian Bay Zeit gelassen, um einen starken Kader zu formen. Anderthalb Wochen sind seitdem vergangen und die Löwen haben kurz vor der anstehenden Mitgliederversammlung am Sonntag immer noch keinen prominenten Neuzugang geholt. Löwen-Trainer Torsten Fröhling pendelt in seinen Stellungnahmen zu diesem Thema zwischen Trotz („Wir haben schon eine gute Mannschaft“), Resignation („Soll ich heulen?“) und Wunschdenken („Wir hatten einige gute Gespräche. Ich hoffe, dass bald etwas tut“).

Und Poschner? Der sagt kämpferisch: „Ich glaube, dass wir einen Innenverteidiger, einen Rechtsverteidiger, einen Mittelfeldspieler und einen Stürmer holen“, betonte aber ein zweites Mal: „Ich glaube.“ Zum Leidwesen von Trainer, Fans und auch Poschner selbst dauert die transferlose Phase der Löwen weiter an. Und die Originale bleiben weiter aus.

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