TSV 1860 München und die Insolvenz-Frage: Das sind die Varianten
Heute wird Markus Fauser Rede und Antwort stehen: Wie sieht es mit der Lizenz für die Regionalliga Bayern aus? Wie will der neue Geschäftsführer des TSV 1860 den Etat stemmen? Gerade über eine mögliche Insolvenz wird fleißig gemutmaßt. Die SZ sieht in der Ernennung des Insolvenzverwalters zum Löwen-Boss ein klares Indiz dafür. Doch was würde eine Insolvenz bedeuten? Die AZ erklärt das Szenario:
Wann käme es zu einer Insolvenz?
"Die Insolvenz ist ein Verfahren, deren Eröffnung eines Insolvenzantrages und eines Insolvenzgrundes, etwa Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung, bedarf", sagt Sportrechtler Michael Lehner der AZ. Eine Überschuldung der KGaA sei laut der Vize-PräsidentenDie meisten Schulden hat die KGaA bei Gesellschafter Hasan Ismaik, der seit 2011 kolportierte 60 bis 80 Millionen Euro investierte. Andererseits ist Sechzig wohl liquide. Darauf deutet die Aussage Sitzbergers hin, man hätte für eine Drittliga-Lizenz auch ohne Investor 2,5 Millionen Euro berappen können.
Was wären die Folgen einer Insolvenz?
Nicht zwangsläufig, dass Sechzig den Investor los wäre. "Ismaik als Gesellschafter loszuwerden, hieße zwingend, dass die alte Gesellschaft untergehen muss. 1860 müsste mit dem Fußballbetrieb wieder ganz von vorne als Verein oder mit einer neuen Gesellschaft anfangen", sagt Lehner. "Nur in diesem Falle wäre Ismaik draußen." Die Löwen könnten schlimmstenfalls wohl bis in die Kreisklasse abstürzen.
"Ich gehe nicht von einer Insolvenz aus", sagt Interimspräsident Robert Reisinger der AZ. "Deswegen habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht." Es wäre bei einer Insolvenz vorrangig zu klären, meint Lehner, wer Schuldner von Ismaik sei. "Ist es der Verein selbst oder haftet der Verein für Darlehen, die Ismaik der KGaA gegeben hat, gerät der Verein mit in den Insolvenzstrudel. Ist nur die KGaA Schuldner von Ismaik, hat dieser das Nachsehen", erklärt er. Zu klären wäre ferner, ob Ismaik über Sicherheiten verfüge, etwa Bürgschaften. Sprich, ob der Verein zum Beispiel mit Immobilien haftet. Diese Frage konnte Reisinger – noch – nicht beantworten.
Strebt der TSV 1860 eine Insolvenz an?
Reisinger vertraut darauf, dass Fauser Abmachungen aus der Zeit von Ismaiks Geschäftsführer Anthony Power offenlegt. "Es geht um den finanziellen Status Quo der KGaA nach der Zeit Power", meint Reisinger. "Wenn die Zahlen da sind, werden wir das Gespräch mit dem anderen Gesellschafter suchen." Eine etwaige Insolvenz gebe es zigtausend Mal in Deutschland, meint der Löwen-Präsident zuerst verklausuliert, um sich dann davon zu distanzieren: "Wir haben kein Interesse an einer Insolvenz der KGaA."
Wer hat am meisten zu verlieren?
Ismaik. Letztlich geht es um sein Geld. "Der Fall zeigt die Problematik der 50+1-Regel für einen Investor. Im normalen Wirtschaftsleben würde sich ein Investor nicht entsprechend auf der Nase herumtanzen lassen wollen", meint Lehner. Ismaik könnte Verluste nicht mal mehr durch eine Veräußerung seiner Anteile abfangen – es sei denn, er verkauft vorher. "Ob der Ismaik das will, steht in den Sternen. Ich glaube nicht, dass es einen Großsponsor gibt, der zwei Milliarden Euro zahlen will", meint Reisinger und verweist auf ein AZ-Interview. "Das ist ja der Preis, den Ismaik genannt hat."
Die SZ sieht den Investor dagegen regelrecht in der Falle. Er könnte verlangen, dass einzelne Darlehen zurückbezahlt werden und den Verein damit in die Zahlungsunfähigkeit stürzen, eine Insolvenz wäre unvermeidbar, so die Theorie. Doch dann ginge die KGaA pleite und der Verein hätte die Möglichkeit ohne ihn eine neue Gesellschaft zu gründen. In dieser Gemengelage tritt – mal wieder – Rainer Koch als Vermittler hervor. "Ich hoffe, dass der gute Kontakt, den ich bisher zu Hasan Ismaik hatte, bestehen bleibt", sagte der Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes.
Hätte Ismaik Chancen, die 50+1-Regel zu kippen?
Sechzig versucht, ihn zu bremsen. "Auf einem Briefpapier vom TSV 1860 München e.V. wird mit Sicherheit nie eine Klage gegen diese Regel geschrieben werden. Solange ich Präsident bin und auch Einfluss habe auf die KGaA wird das auch auf einem KGaA-Papier nicht passieren", sagte Reisinger dem "BR". Klagen kann der Investor trotzdem. Er hätte laut Lehner gute Erfolgsaussichten. "Ist es richtig, dass der marode Verein einen Dummen mit vielen Millionen findet, den man dann, wenn es nicht läuft, wieder ohne eigenen Schaden und ohne eigene Haftung loswerden möchte?", argumentiert er. "Die 50+1-Regel widerspricht den europarechtlich geschützten unternehmerischen Freiheiten und sollte bei einer Klage eigentlich fallen." Dann hätte der deutsche Fußball einen Präzedenzfall.
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