TSV 1860 München: Talentschmiede der Löwen steht vor dem Aus
München - Angeführt wird sie zumeist von Lars und Sven Bender, oder Kevin Volland. Die stolze Reihe an Löwen-Juwelen, die in die Welt hinaus gingen und in der Bundesliga Ruhm erlangten.
Alle entstammen sie der Talentschmiede des TSV 1860, dem mehrfach preisgekrönten Nachwuchsleistungszentrum. Dieses sieht sich derzeit – trotz anderslautender Aussagen der Vereinsbosse – mit drastischen Kürzungen konfrontiert. Als nächstes muss womöglich die älteste der Ausbildungsmannschaften dran glauben – die U21.
Seit einigen Wochen steht bei den Löwen intern zur Debatte, ob die Zweitvertretung eingestampft werden soll. Jetzt hat auch Chefcoach Daniel Bierofka Stellung dazu genommen. "Dass wir ab und zu Geldprobleme haben, ist ja nicht neu. Dass eine eigenständige U21 Geld kostet, weiß jeder", so Bierofka über die finanzielle Belastung, die Mannschaft am Leben zu halten. Kolportiert wird ein Betrag von 300.000 Euro.
Zum Vergleich: Die Sechzger planen übereinstimmenden Medienberichten zufolge im Falle eines Aufstiegs in die Dritte Liga mit rund drei Millionen Euro. Ein geringerer Etat als von vielen erhofft und von manchem Vereinsfunktionär hoffnungsfroh geäußert.

Würde die U21 gerne behalten: Löwen-Cheftrainer Daniel Bierofka. Foto: sampics/Augenklick
Bierofka gegen den Status quo der Ausbildungself
Ein knapp bemessenes Budget ohne Fremdkapital von Investor Hasan Ismaik, das zeigt: Es muss jeder Cent umgedreht werden an der Grünwalder Straße. Das hat möglicherweise auch eine Abschaffung der U21 zur Folge, die schon ein Zehntel des Drittliga-Haushalts schlucken würde.
Weiterer Bierofka-Einwand gegen den Status quo der Ausbildungself, in der auch das "jüngere" Tafelsilber der Sechzger – wie Julian Weigl von Borussia Dortmund (22 Einsätze), Marius Wolf (Eintracht Frankfurt, zehn Spiele) oder Wolfsburgs Felix Uduokhai (fünf Spiele) – aufgelaufen war: "Dass wir mit dieser Hybridlösung nicht zufrieden sind, ist auch bekannt – das ist einfach schwierig für meine Spieler und für die Spieler der U19", erklärte der 39-Jährige.
Zur Erklärung: Derzeit setzt sich die U21 aus Akteuren wie Lukas Aigner, Lucas Genkinger, Ugur Türk oder Mohamad Awata zusammen – allesamt Spieler, die eigentlich Bierofkas Elf angehören, dort aber keine Spielpraxis bekommen. Auch die Ersatzkeeper Hendrik Bonmann oder Alexander Strobl kamen dort bereits zum Einsatz.
Bierofka: "Herr Scharold muss die finanziellen Aspekte abwägen"
Zudem rücken Youngster aus der U19 auf, um die U21 von Spieltag zu Spieltag zu komplettieren. Trainiert wird das flexible Konstrukt von Ex-Nationalspieler Christian Wörns, der eigentlich als U19-Trainer an die Grünwalder Straße gekommen ist – eine stressige Doppelfunktion für den Ex-Dortmunder.
Der hatte auf AZ-Anfrage erklärt, dass er nichts über eine mögliche Auflösung sagen könne und man sich an den Entscheidungsträger wenden müsse. Der da wäre: Geschäftsführer Michael Scharold. Bierofka: "Deshalb müssten wir eine ganz klare Entscheidung treffen: Entweder wir machen eine eigenständige U21 oder nicht. Da muss dann Herr Scharold die finanziellen Aspekte abwägen."
Öffentlich äußerte sich Scharold bisher – auch auf AZ-Nachfrage – nicht zu dieser Thematik. Könnten es sich die Sechzger leisten, das Junglöwen-Team am Leben zu erhalten, wäre Bierofka selbstredend dafür: "Diese sportliche Perspektive, die würde ich gerne behalten. Aus sportlicher Sicht würde ich es mir immer wünschen, wenn es uns nicht wehtut. Aber momentan tut es uns leider schon weh."
Klingt nicht danach, als hätte die U21 eine Zukunft. Dann müssten Sechzigs Top-Talente den Sprung aus der U19 schaffen – und so mancher womöglich auf der Strecke bleiben.
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