TSV 1860 München: Karsten Wettberg spricht über Daniel Bierofka, Sascha Mölders und Timo Gebhart
München - "Es ist ein Glücksfall, dass er die Fußballlehrer-Lizenz noch nicht hat!" Karsten Wettberg spricht begeistert von Daniel Bierofka. Den Mann, der mit seiner Truppe längst vergessene Leidenschaft beim TSV 1860 entfacht hat.
Wettberg schwärmt von Mölders
Gleichzeitig warnt der 75-Jährige davor, Druck aufzubauen. Sascha Mölders hat es dem Kult-Trainer derweil richtig angetan. Warum? Das AZ-Interview mit dem "König von Giesing".
AZ: Herr Wettberg, die neuen Löwen wecken Emotionen.
Karsten Wettberg: Diese Mannschaft zeigt, wonach sich viele sehnen. Das, was man bei Sechzig immer sehen muss: Unbedingten Einsatz, Siegeswille und die Eigenschaft, nie etwas preiszugeben, solange es noch eine Chance gibt. All das, was man die letzten Jahre nicht gesehen hat. Wird nun aber gesagt, man müsse Meister werden, wird unnötig Druck aufgebaut.
Sie sprechen den Druck an. Präsident Robert Reisinger sagte, dass nur der Aufstieg das Ziel sein könne.
Sowas ist normal. Aber: Daniel Bierofka ist vernünftig. Es ist ein Glücksfall, dass er die Fußballlehrer-Lizenz noch nicht hat. Dadurch ist er gezwungen, hier zu bleiben. Seine Familie ist tiefblau. Das ist genau der Typ, den Sechzig jetzt braucht. Dann muss noch die Stadionfrage anders gelöst werden.
Heißt?
Die Stadt München muss sich überlegen, ob es nicht doch möglich ist, dass man das Grünwalder Stadion ausbaut. Dass Herr Reiter (Oberbürgermeister Dieter Reiter, d. Red.) am Olympiastadion festhält, verstehe ich, da die hundertprozentige Tochter, die Olympia-Gesellschaft, fast pleite ist. Aber: Das Olympiastadion wird nie wieder ein Fußballstadion.
"Bierofka überzeugt durch Ehrlichkeit"
Sie nennen Bierofka. Meinen Sie, dass er angesichts seiner Trainer-Eigenschaften für höhere Ligen berufen ist?
Es ist ganz klar, dass Begehrlichkeiten kommen, wenn jemand der Typ Trainer ist, den Fußball-Klubs heutzutage erst wiederfinden müssen. Er wirkt sehr direkt, hat eine Ansprache ohne Umschweife. Er ist fokussiert auf die Ausbildung seiner Mannschaft. Die Körpersprache stimmt, seine Spieler hören ihm aufmerksam zu. Er kann die Tugenden, die eine 1860-Mannschaft braucht, sehr gut rüberbringen. Er überzeugt durch seine Ehrlichkeit. Ich habe gar keinen Zweifel, dass er auch in höheren Ligen der richtige Trainer für Sechzig wäre. Warum soll er hier nicht sieben bis zehn Jahre Trainer sein?
Schützenfest gegen Illertissen: Die Löwen in der Einzelkritik
Was gefällt Ihnen an der neuen Mannschaft besonders?
Wenn sie Rückschläge erleidet, dreht sie Spiele. Ich muss Sascha Mölders Abbitte leisten. Und: Bierofka hat Timo Gebhart im Griff. Ich kenne ihn noch als ganz jungen Spieler, als ich Vize-Präsident war. Gebhart ist kein leichter Typ. Bisher war er aber mit der wichtigste Mann.
Gebhart nimmt sich viele Zweikämpfe.
Er stellt sich, ist der Spieler, der am meisten gefoult wird. Dass die Mannschaft das sieht, ist wichtig. Er ist seit zehn Jahren im Profifußball, hat schon alles erlebt. Trotzdem haut er sich rein, sodass man Angst haben muss, dass er sich verletzt. Vor allem: Er ist disziplinierter geworden.
Emotionaler Appell an 1860-Fans
Und warum müssen Sie Mölders Abbitte leisten?
Ich kenne den Typen Mölders noch vom FSV Frankfurt. Jetzt hat er ganz gewaltig was für seine Fitness getan. Ob er in der 2. Liga immer so fit war? Ich bin angetan. Mölders lässt immer wieder technische Feinheiten aufblitzen. Die Tore, die er geschossen hat, waren nicht leicht zu machen.
Danke Herr Wettberg…
…ich möchte noch was loswerden.
Bitte.
Es ist entscheidend, dass die Fangruppen einen Waffenstilstand schließen. Über die Neonazis will ich gar nicht reden, sie und gewaltbereite Fans haben bei Sechzig nichts verloren. Ansonsten gilt: Man kann unterschiedliche Meinungen haben, aber Sechzig verbindet uns. Die Mannschaft und der Trainer müssen jetzt unterstützt werden.
Lesen Sie auch: Matze Knop als Löwen-Trainer? "Weltfußball zu Sechzig bringen"