TSV 1860 München: Geisterspiel, weil gegen Nürnberg keine Zuschauer im Grünwalder Stadion sind

Ohne Fans empfangen die Löwen im Grünwalder am Dienstag den Club. "Das wird komisch", sagt Trainer Bierofka. Einige Anhänger wollen von draußen anfeuern – damit keine Gruselstimmung aufkommt.
Matthias Eicher |
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Geisterstunde um 14 Uhr mittags: Im menschenleeren Grünwalder spielt der TSV 1860 am Dienstag gegen Nürnberg.
AZ-Montage, Rauchensteiner/Augenklick Geisterstunde um 14 Uhr mittags: Im menschenleeren Grünwalder spielt der TSV 1860 am Dienstag gegen Nürnberg.

München - Bedrohliche Dunkelheit. Dichte Nebelschwaden, die um den Vollmond kriechen. Die Uhr schlägt zwölf. Willkommen zur Geisterstunde auf Giesings Höhen! Geister, die Sechzigs teils schon öfter auffällig gewordene Fans mit den schweren Ausschreitungen beim grusligen Relegationsrückspiel gegen Jahn Regensburg (0:2) gerufen hatten.

Der TSV 1860 muss am heutigen Dienstag, am fünften Spieltag der Regionalliga, ein Geisterspiel austragen. Allerdings nicht um Mitternacht, sondern bei größter Mittagshitze: Die Zweitvertretung des 1. FC Nürnberg schaut zum Duell unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorbei, Anpfiff: 14 Uhr.

Trainer Daniel Bierofka hofft trotz fürchterlicher Bedingungen dennoch auf ein Happy End statt ein Ende mit Schrecken: "Klar ist es nicht optimal, dass keine Zuschauer da sind. Sie haben uns zuletzt gegen Rosenheim gerade zum Schluss hin die Kraft gegeben, das Spiel zu gewinnen. Es wird alles andere als einfach. Aber wir müssen unser Spiel durchziehen und uns durchbeißen", sagt der 1860-Trainer. "Ich hatte noch nie so ein Spiel, glaube ich. Das wird komisch. Jeder Verein darf nur 30 Leute mitnehmen." Ansonsten werden der Klub, einige Ordner und ein Polizeiaufgebot dafür Sorge tragen, dass keine Fans drinnen herumspuken.

Des Löwen Geistertanz gibt’s höchstens auf den Straßen. Bierofka über die treuen wie einfallsreichen Sechzger-Anhänger: "Kann ich mir schon vorstellen, dass sie vor dem Stadion antanzen. Ich weiß nicht, ob sie etwas geplant haben, aber unseren Fans ist alles zuzutrauen." Und weiter sagt Bierofka: "Es sind ja ganz gewitzte Jungs: Beim ersten Spiel haben sie außerhalb des Stadions ein Feuerwerk gezündet, damit wir keine Geldstrafe kriegen. Kann schon sein, dass sie sich wieder etwas einfallen lassen."

So wie beim letzten Geisterspiel der Sechzger am 16. September 2009. Damals musste die U23 im Sechzger vor leeren Rängen auflaufen. "Ich sehe die Verhältnismäßigkeit nicht", hatte Profi-Trainer Ewald Lienen als einer von zehn Vereinsvertretern im Stadion gegrantelt.

"Bitter für alle Beteiligten"

Immerhin: Die Giesinger begruben jegliche Hoffnungen von Gegner Darmstadt 98 schnell – und siegten mit 4:0. Damals Torschütze zum 2:0: ein gewisser Stefan Aigner, nach umjubelter Rückkehr eben erst vor dem Giesinger Abstiegsgespenst zu den Colorado Rapids in die Erste Liga der USA geflohen. Auch mit dabei: Dominik Stahl, der jetzt für Unterhaching spielt: "Das war schon eine komische Atmosphäre. So ein Geisterspiel ist jetzt, kurz nachdem das Grünwalder Stadion als neue Heimat entdeckt wurde, bitter für alle Beteiligten. Das wird sicher kein typisches Heimspiel."

Doch Unterstützung gab’s: Sigi Nagelstutz, Allesfahrer und damals ausgeschlossener Zaungast, erinnert sich: "Damals standen einige Leute vor dem Stadion und haben gesungen. Aufpasser haben verhindert, dass über die Zäune geklettert wird, aber einige hatten Glück und haben jemanden gefunden, der sie aus ihren Wohnungen zuschauen ließ." Was Bierofka dazu sagt? "Sollte man sie noch im Stadion brüllen hören, würde ich das begrüßen." Ansonsten hält’s der 38-Jährige wie Vorgänger Lienen. "Ich kann mich nur wiederholen: "Ich find’s zu hart, vor allem wenn Braunschweig nur einen Teilausschluss bekommt. Da war sogar ein Platzsturm, das finde ich schlimmer", sagt Bierofka.

Damit seine Spieler nicht über den Rasen laufen wie die Untoten in Horrorfilmen, wolle er aufgrund des "mörderischen Spielplans" erneut etwas rotieren. Dumm nur: "Wir haben einige Spieler, die kannst du nicht ersetzen. Die müssen sich einfach durchbeißen." Zu ihnen zählt Sascha Mölders. Der ist einziger echter Mittelstürmer im Kader.

Auch der 32-Jährige freue sich nicht über die Giesinger Tristesse auf der Tribüne: "Es ist so, wie es ist. Klar ist es ohne Zuschauer etwas anderes." Auf die Frage, wie er sich inmitten der drei Englischen Wochen fühle, antwortet er: "Alt." Er sagt aber auch: "Es muss gehen – und es geht. Ich will immer spielen, also freue ich mich trotzdem aufs Spiel." Und, sollte er bei Giesings Geisterstunde ins Schwarze treffen: "Zum Jubeln laufe ich dann eben zu den Kollegen." 

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