TSV-1860-Investor Hasan Ismaik blockiert Abstimmung zu neuer 50+1-Regel: Was das für Sechzig bedeutet

Hasan Ismaik, der Investor des TSV 1860, stellt einen Befangenheitsantrag, was zu einer Verschiebung einer Abstimmung der 36 DFL-Klubs führt. Was der Geldgeber bezweckt? Die AZ mit den wichtigsten Fragen und Antworten.
von  Matthias Eicher
Löwen-Hauptgesellschafter Hasan Ismaik bei seinem letzten Stadion-Besuch in München anno 2017.
Löwen-Hauptgesellschafter Hasan Ismaik bei seinem letzten Stadion-Besuch in München anno 2017. © sampics / Stefan Matzke

München - So geht er, der berühmte Sechzger-Marsch: "57, 58, 59, Sechzig, ja so klingt's im Chor! 57, 58, 59, Sechzig und schon gibt's ein Tor!" Und doch ist es die Zahl 51, besser noch aufgeschlüsselt in die einfache Rechnung 50+1, die den Löwen-Kosmos seit über zwölf Jahren bewegt. Allen voran Investor Hasan Ismaik. Der Geldgeber des TSV 1860 ist schon seit Mai 2011 Hauptgesellschafter der Löwen, doch das Sagen hat er nicht.

Daher hat der jordanische Millionär, dem 60 Prozent der ausgegliederten Profifußballabteilung des TSV 1860 gehören, kürzlich einen Befangenheitsantrag gestellt: Wie aus einem Schreiben der Deutschen Fußball Liga (DFL) an die 36 Vereine der Ersten und Zweiten Bundesliga hervorgeht, hat Ismaik durch seinen Antrag als Beigeladener des Verfahrens eine Abstimmung über die 50+1-Regel verschoben. Ismaik legt sich mit der DFL an - mit welchem Ziel und Aussichten auf Erfolg? Die AZ mit den Fragen und Antworten.

50+1-Regel: Warum Hasan Ismaik beim TSV 1860 nicht das Sagen hat

Worum geht es konkret bei dieser Abstimmung? Schon im Jahr 2018 hatte der Liga-Verband die in Deutschland geltende 50+1-Regel dem Bundeskartellamt zur eingehenden Prüfung vorgelegt, denn an diesem Instrument scheiden sich seit Jahren die Geister im deutschen Fußball: Sollen die Vereine die Entscheidungshoheit behalten, oder öffnet man sich verstärkt Investoren, die mit dem Erwerb von Fußballvereinen durch ihre Millionen freilich auch ihre Interessen und Vorstellungen durchsetzen wollen? Nach mehreren Jahren haben sich DFL und Kartellamt auf eine rechtssichere Version geeinigt, über die nun abgestimmt werden sollte.

Was besagt die 50+1-Regel und was soll sich ändern? 50+1 sorgt dafür, dass der Verein bei ausgegliederten Unternehmen wie Sechzigs Kommanditgesellschaft auf Aktien durch 51 Prozent der stimmberechtigten Anteile die Entscheidungshoheit behält. Bei den Löwen sind von Ismaiks 60-prozentiger Anteilschaft nur 49 Prozent stimmberechtigt.

Für die bisherigen Ausnahmen wie die Bundesligisten Bayer Leverkusen (Bayer AG), VfL Wolfsburg (Volkswagen) und TSG Hoffenheim (Dietmar Hopp) braucht es mehr Rechtssicherheit. Sie sollen unter erhöhten Bedingungen zwar Bestandsschutz erhalten, weitere Ausnahmen soll es künftig aber nicht mehr geben.

Hasan Ismaik und sein erfolgloser Kampf gegen die 50+1-Regel

Zudem soll es drei zentrale Änderungen bei 50+1 geben: Die Vertretung der Muttervereine in den Gremien der für den Profifußball ausgegliederten Kapitalgesellschaften muss sichergestellt sein, Klubs dürfen ihren Standort nicht wechseln und Einzelpersonen oder Unternehmen dürfen die Bilanzen nicht mehr mit Sonderzahlungen ausgleichen.

Wie geht es mit der Beschlussfassung weiter? Die Abstimmung wurde nun vom 9. Oktober auf den 7. Dezember verschoben. "Wir gehen mit der Beschlussabteilung davon aus, dass der abschließende Beschluss, mit dem die Verpflichtungszusagen für bindend erklärt werden, nach Abschluss der Prüfung rechtzeitig ergehen kann und vorliegen wird", schrieb die DFL, die auf AZ-Anfrage keine weiteren Auskünfte gab.

Was bedeutet das für Ismaik und für die Löwen? Es ist davon auszugehen, dass Ismaiks Antrag keine Änderungen nach sich ziehen wird. Ismaik, der späteren Aussagen zufolge die Tragweite der 50+1-Regel bei seinem Einstieg nicht absehen konnte und im Jahr 2017 (erfolglos) Beschwerde beim Bundeskartellamt eingelegt hatte, muss seinen Negativ-Erfahrungen mit 50+1 wohl ein Kapitel anhängen. Für die Löwen, für ihren Investor und den Mutterverein dürften sich ansonsten keinerlei Konsequenzen ergeben. Das Finanzinstrument, Sechzigs Darlehen in Genuss-Scheine umzuwandeln, wird nach AZ-Informationen auch künftig möglich bleiben – und angesichts von Sechzigs Schuldenberg vermutlich auch noch lange Zeit nötig, um die Eigenkapitalquote auf diese Weise zu verbessern.

Noch immer versucht Hasan Ismaik, seinen Einfluss beim TSV 1860 auszubauen

Was will Investor Ismaik überhaupt? Mit einem Wort: Einfluss. Aktuelles Beispiel: Den neuen Sportchef selbst bestimmen. Eigentlich gar nicht verwunderlich, wenn man Mehrheitsgesellschafter eines Unternehmens ist. Nachdem der Finanzier allerdings sowohl mit Präsident Robert Reisinger und der aktuellen e.V.-Spitze, als auch mit nahezu allen Vorgängern außer Oberlöwe Peter Cassalette Auseinandersetzungen über die Ausgestaltung seiner Kompetenzen hatte, pocht der Verein auf seiner Entscheidungshoheit, die er satzungsgemäß hat und im entscheidenden Gremium, dem Beirat der Geschäftsführungs-GmbH, 50+1 ziehen kann. Ebenfalls nicht verwunderlich.

Fazit: Der gedeihlichste Weg wäre nach wie vor für die zerstrittenen Gesellschafter, sich an einen Tisch zu setzen, die Friedenspfeife zu rauchen und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, dass die Sechzger ihren Marsch bald wieder in höheren Ligen skandieren können.

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