TSV 1860 in Windischgarsten: Trainingslager zur Unzeit
München - Stell dir vor, du arbeitest bei einem professionellen Fußballverein und kannst nicht ins Trainingslager reisen, wenn es dir (am besten) passt. Gibt's nicht? Gibt es wohl – und zwar bei den Löwen.
Wie Trainer Maurizio Jacobacci am Rande der Testspiel-Premiere des TSV 1860 am Sonntag beim TSV 1880 Wasserburg (0:0) erklärte, findet das Trainingscamp der Sechzger in Windischgarsten (28. Juni bis 4. Juli) ganz und gar nicht wie geplant statt.
TSV 1860 im Trainingslager: Aber Eintracht Frankfurt hat Vortritt
"Die Situation ist die, dass der Verein wegen einer Kooperation schon in den letzten Jahren an diesem Ort war", erklärt der 60-jährige Chefcoach über Sechzigs Deal mit dem Dilly-Resort in Windischgarsten, der dem TSV eine kostenfreie Unterkunft beschert.
Bereits seit 2019 residiert der TSV in dieser Region in Oberösterreich. "Das ist auch etwas Positives, so eine Kooperation zu haben", lobt Jacobacci. So weit, so gut. Das Problem ist nur, wie eine bayerische Redewendung besagt: Ober sticht Unter. Oder in diesem Falle: Eintracht schlägt Sechzig.
TSV-1860-Trainer Maurizio Jacobacci: "Da müssen wir die Kirche im Dorf lassen"
Nach AZ-Informationen beansprucht Bundesligist Eintracht Frankfurt die Sportanlage im Luxus-Resort der idyllischen Urlaubsregion Phyrn-Priel exklusiv für sich, und zwar zu einem Zeitpunkt, der für 1860 ebenfalls günstig gewesen wäre (23. bis 28. Juli). "Durch das, dass andere Vereine eine größere Anerkennung haben, mussten wir ausweichen. Entweder, wir müssen das akzeptieren oder wir sagen, wir können nicht kommen", sagt Jacobacci dazu, beschwichtigt aber: "Wenn uns jemand entgegenkommt, dürfen wir nicht auch noch Sonderwünsche haben. Das ist auch klar, da muss man die Kirche schon im Dorf lassen."
Dumm nur, dass sich die Eintracht ausgerechnet dasselbe Dorf ausgesucht hat, zur selben Zeit. Da hat 1860 angesichts von 16 Abgängen schon einen enormen Umbruch zu bewältigen und jetzt könnte auch noch die Vorbereitung schief gehen? Das Trainingslager kommt jedenfalls zur Unzeit.
TSV 1860: Training mit ausgedünnter Mannschaft
Ein weiterer Grund, weshalb Windischgarsten im Vorfeld der Saison ein, zwei Wochen zu früh kommt: Jacobaccis Kader umfasste beim Trainingsauftakt am Samstag gerade einmal 15 Feldspieler und drei Torhüter. Der Italo-Schweizer hätte gerne, so denn er eine Wahl hätte, vor der Abreise seine gesamte Mannschaft schon beisammen, um nach, beziehungsweise zusätzlich zum Grundlagentraining schon am Feintuning zu arbeiten. So, wie es sich eben für ein Trainingslager gehört. Eigentlich.
Und, wie der gebürtige Berner betont, auch am Zusammenhalt. "Das Trainingslager ist dazu da, um Teamspirit aufzubauen. Wenn dann vier oder fünf Spieler nicht da sind, ist es natürlich auch schwierig", gesteht er. Immerhin besteht zumindest die Möglichkeit, dass die zumindest ein Teil der noch erhofften vier, fünf Neulöwen kurz vor knapp eingetütet werden und mitreisen können. Der Anfang wurde am Dienstag mit den Neuverpflichtungen von Eroll Zejnullahu und Tarsis Bonga gemacht.
Wird Rieder im Trainingscamp fehlen?
Auch bei Sechser Tim Rieder ist es ein Wettlauf mit der Zeit: Laut Jacobacci ist für den wieder genesenen Mittelfeldmann der Saisonauftakt in Gefahr. Wäre ziemlich ungut, wenn neben dem aufgrund einer alten Rotsperre noch in den ersten beiden Saisonspielen fehlende Neulöwe Marlon Frey auch Rieder fehlen würde. Prompt brachte Jacobacci auf Nachfrage ein zweites, kleineres Trainingslager näher am Saisonauftakt der Dritten Liga (4. August) ins Spiel: "Es wäre eine gute Idee, aber ob die Möglichkeit besteht, sei dahingestellt." Vermutlich haben klamme Löwen keine Gelegenheit, sich noch mal einzuschwören.
Trotz der suboptimalen Planungen war der Chefcoach zu Scherzen aufgelegt: "Wir könnten ja zelten, das könnte eine gute Teamspirit-Übung sein." Dann offenbarte der TSV-Trainer noch eine Fertigkeit, die höchst ratsam ist bei den Giesingern: Pragmatismus. Jacobacci: "Wir müssen einfach das Beste daraus machen, auch wenn es nicht optimal ist."