TSV 1860 im Abstiegskampf: Die Löwen-Angst vor dem Kollaps
Die Sorge vor dem Absturz geht bei Sechzig um. Doch Investor Hasan Ismaik verspricht, auch beim Abstieg in Liga drei weiter an Bord zu bleiben. "Ich habe eine Verantwortung. Ich lasse 1860 nie mehr los!"
München - Der Löwe ist, wenn man den Worten sämtlicher Funktionäre des letzten Jahrzehnts Gehör und Glaube schenkt, ein schlafender Riese. Auch in dieser Saison wurden beim TSV 1860 wieder entsprechende Aussagen in Dauerschleife getätigt. Legendär: Vitor Pereiras Antritts-Versprechen: "We go to the top!" Oder Peter Cassalettes Versicherung, man sei "zu gut für den Abstieg". Aussagen, die den Sechzgern nun um die Ohren fliegen.
"Panikmache ist das Allerschlechteste"
In diesen Tagen drehen sich die Gedanken der Löwen weder um die Bundesliga noch um das gesicherte Mittelfeld. Es ist vielmehr die Angst vor dem Absturz in die Drittklassigkeit, die wieder einmal spürbar ist. "Wir reden die Situation nicht schön. Wir sind Fünfzehnter und nur hauchdünn über dem Strich. Das ist die Realität", erklärt Präsident Cassalette der AZ. Und doch warnt er vor Schwarzmalerei und Hysterie: "Panikmache ist das Allerschlechteste, was wir jetzt tun können." Der Oberlöwe erhalte viele E-Mails, "jeder warnt vor dem Abstieg und hat einen Rat für uns", erklärt er wenig begeistert. Seine, zuletzt von Meisterlöwe Peter Grosser in einem Brandbrief in der AZ kritisierten Worte, "würde ich so auch nicht mehr tätigen. Egal, was man sagt, es wird immer in die eine oder andere Richtung interpretiert."
Ayre hat einen Vertrag für die 3. Liga
"Es wäre idiotisch zu behaupten, dass wir nicht nervös sind. Wir sind Menschen und es steht viel auf dem Spiel", erklärt der neue Geschäftsführer Ian Ayre im "Merkur", der Abstieg wäre "ein Desaster epischen Ausmaßes". Man sei nun an einem Punkt angelangt, "wo vier Spiele über das Schicksal des Klubs entscheiden". Die Situation sei "mit einem Pokalfinale vergleichbar – wir müssen sie in erster Linie über Kopf und Herz gewinnen". Ayres Umgang mit dem Nervenflattern: gnadenloser Optimismus. "Wenn du beginnst, pessimistisch zu denken, planst du quasi dein Versagen", so der 54-Jährige: "Es wird Zeit, dass der Löwe erwacht." Für den Worst Case erstelle er aber aktuell einen Finanzplan, so der Ex-Liverpool-Boss – einen Vertrag für die 3. Liga habe er auch.
"Ich lasse 1860 nie mehr los."
Jener Mann, der diese Finanzen zuschießt, hat sich ebenfalls zu Wort gemeldet – mit einer deutlichen Botschaft. "Ich kann Euch verstehen, dass ihr sehr besorgt um unseren geliebten Verein seid", schrieb Geldgeber Hasan Ismaik auf Facebook, "und Euch immer wieder die Frage stellt: Wie geht es im ungünstigsten Fall X beim TSV 1860 weiter?" Die Antwort lieferte er gleich mit: "Ich werde meinen Traum, die Löwen wieder zu einer großen Nummer zu machen, niemals aufgeben. Selbst wenn wir absteigen sollten, wovon ich nicht ausgehe, würde ich an Eurer Seite bleiben. Ich habe eine Verantwortung gegenüber Euch." Seine Worte, für viele Löwen und insbesondere seine Anhänger eine Wohltat, für seine Gegner jedoch anmutend wie eine Drohung: "Ich lasse 1860 nie mehr los."
Wer sind die Helden?
2015 hießen die Nichtabstiegshelden Torsten Fröhling und Kai Bülow, ein Jahr später Daniel Bierofka. Jedes Mal mit im Boot: tausende der leidgeprüften Fans. Cassalette, Ayre, Ismaik, sämtliche Löwen-Unterstützer – in einem sind sich alle einig: Auch jetzt geht’s nur gemeinsam. "Zamhoit‘n für‘n Klassenerhalt". So lautet die 1860-Mission, ausgerufen vier Schritte – respektive Spieltage – vor dem Abgrund. Auch die ARGE richtete ein Appell an die Fans: "Nur wenn wir jetzt zusammenstehen, werden wir auch ein drittes Mal von der Schippe springen", schrieb Gerhard Schnell auf der Homepage des Fanklubdachverbands, garniert mit der rhetorischen Frage zum Fall X: "Oder habt ihr Lust, nächste Saison nach Großaspach oder Wehen zu fahren?"