TSV 1860: Grünwalder Stadion - OB Dieter Reiter checkt, um was geht

Im AZ-Interview spricht der Obststandl-Didi Dieter Schweiger über seine Begegnung mit Löwen-Investor Hasan Ismaik, das Verhältnis zu den Bayern und das Grünwalder Stadion: "Wir wollen nicht reich werden, wir wollen Heimat."
von  Interview von Patrick Mayer
Hasan Ismaik und der Obststandl Didi.
Hasan Ismaik und der Obststandl Didi. © Facebook/ismaik1860

München - Ein Foto. Viel Gesprächsstoff. Als sich der stadtweit bekannte Obststandl Didi Dieter Schweiger Anfang August mit Löwen-Investor Hasan Ismaik fotografieren ließ, fragten sich viele Anhänger über Giesing hinaus, wie es dazu kam.

Im Interview mit der AZ liefert das Münchner Unikat die Antworten. Und der Kult-Fan des TSV 1860 erklärt, warum für ihn Sechzig endlich wieder Sechzig ist.

AZ: Herr Schweiger, Ihr Obststand steht geographisch zwischen Fröttmaning und Giesing. Wer ist denn nun die Nummer eins der Stadt, der FC Bayern oder die Löwen?
DIDI SCHWEIGER: Da brauchen wir gar nicht reden. Von der Sympathie und von der Gaudi her ist Sechzig die Nummer eins! Und das ohne Champions League und Schwammerl-Liga.

Sie als Münchner Unikat müssen es wissen.
Beim Pokalspiel gegen Holstein Kiel hat man es in Giesing doch gesehen. Jeder trägt ein Trikot. Ich glaube, dass 80 Prozent der Münchner Löwen-Fans sind. Wir sind ja bekannt dafür, dass wir gerne übertreiben (lacht). Aber: Der Münchner ist nicht nur Schicki-Micki und Champagner saufend, der Münchner trinkt auch sein Helles in der Flasche und sitzt in der Boazn.

"Bayern-Fans kommen mit dem Kaffeefahrten"

Und die 75 000 Zuschauer in der Arena?
Die ganzen Bayern-Fans kommen doch mit den Kaffeefahrten. Die bekommen a Packerl Kaffee, einen Bayern-Schal, einen Bayern-Schnupftabak, ein Bayern-Taschentuch, damit die Arena immer voll ist (lacht).

Sie bekamen kürzlich Besuch – von Investor Hasan Ismaik.
Ich konnte nichts dafür. Ich stand in meinem Standerl, dann kamen plötzlich vier Personen vorbei. Sein Bodyguard sagte: "Oberlöwe, grias di!" Ich antwortete: "Löwe, Servus!" Denk mir noch, da könnte doch der Hasan dabei gewesen sein. Aber ich renne keinem nach. Fünf Minuten später stand er hier.

Hasan Ismaik und der Obststandl Didi.
Hasan Ismaik und der Obststandl Didi. © Facebook/ismaik1860

Worüber haben Sie mit ihm gesprochen?
Ich habe ihm gesagt, dass er im Abstiegsjahr verdammt viele Fehler gemacht hat. Ich habe ja das Gespräch geführt, er stand nur da wie ein Schulbub.

Wie hat er reagiert?
Er hat gesagt: "I know." Also: "Ich weiß." Mein Englisch ist ja verbesserungswürdig. Der Bodyguard hat übersetzt. Ich habe Ismaik gesagt, dass wir das mit den Fehlern ändern müssen. Er hat gesagt: "I learn." Also: "Ich lerne." Dann hat er erzählt, dass er weiter in Sechzig investieren will.

Welche Fehler hat Ismaik Ihnen gegenüber eingestanden?
Ich habe ihm gesagt, dass das mit dem portugiesischen Trainer (Vitor Pereira, d. Red.) eine Katastrophe war. Ich habe ihm alles reingedrückt. Dass wir die ganzen Spieler nicht gebraucht hätten und dass das mit Stefan Aigner schiefgelaufen ist, weil dem Aigner das ganze Paket nicht gepasst hat. Ismaik hat immer nur genickt und gesagt: "I know, I know."

Aigner gilt als Gesicht des Abstiegs.
Ich kenne Ex-Präsident Peter Cassalette persönlich sehr gut, habe als Bub mit dem TSV München-Ost gegen ihn Fußball gespielt, als er bei Helios war. Er hat mir erzählt, wie das mit der Aigner-Verpflichtung gelaufen sei. Dass Ismaik erst abgelehnt habe und er ihn dann überredet habe. Aigner meinte, er wäre der Retter von Sechzig. Er war einer von uns. Aber dass er dann die Kapitänsbinde hingeschmissen hat... Da muss er doch auf den Tisch hauen.

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In die Gegenwart: Wie sehen Sie Trainer Daniel Bierofka und seine Mannschaft?
Sechzig ist wieder Sechzig. Es befriedigt total, wenn die Spieler bayerisch sind, Münchner sind. Als wir abgestiegen sind, kamen die Spieler überall her. Jetzt haben wir wieder das Gefühl: Das ist unsere Mannschaft! Ein Löwe kann auch verlieren, wenn die Einstellung stimmt. Und aktuell ist jeder zufrieden mit der Einstellung.

Sie haben einmal erzählt, dass ein anderer Ex-Präsident, Dieter Schneider, einst nach dem Deal mit Ismaik völlig aufgewühlt bei Ihnen am Obststand gestanden sei.
Wir haben einen Fanklub, die "Obststandl Supporters". Wir haben Schneider damals zu einem Gespräch eingeladen. Er hat uns erzählt, dass er normalerweise keinen Alkohol trinkt. Aber als er das mit Ismaik umsetzen musste, habe er sich in sein Bauernstüberl gesetzt und fünf Halbe getrunken, weil ihn das nervlich belastet habe.

"Wir müssen das Grünwalder Stadion erhalten"

Sechzig wird grundsätzlich sehr emotional gelebt. Was geht in Ihnen vor, wenn Sie im Grünwalder Stadion sind?
Ich schaue immer auf den Platz rüber, auf dem ich schon als kleiner Bub gesessen bin. Für mich ist das Grünwalder Heimat, dort gehören wir hin. Ich muss zu OB Dieter Reiter sagen: Wir müssen das Grünwalder erhalten. Unbedingt. Wenn nicht 40 000 oder 30 000 reinpassen, müssen halt 29 999 Zuschauer reingehen. Das reicht (lacht). Wir wollen nicht reich werden, wir wollen Heimat.

Reiter hat schließlich den Job, Bedürfnisse der Bürger bestmöglich zu erfüllen.
Wir Löwen sind viele, überwiegend Münchner. Wir wollen kein Politikum daraus machen. Aber: Ich glaube, er checkt schon, um was es geht, dass Sechzig nur nach Giesing gehört.

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