TSV 1860: "Ein hungriges Team"
München - Dieter Schneider packte so richtig zu. Nun strotzt der Präsident der Löwen nicht gerade vor körperlicher Kraft, dennoch griff er Abwehrspieler Necat Aygün fest an die Arme und rief: „Da ist es, unser Tor-Ungeheuer!”
Der Verteidiger hatte soeben, beim 2:1 in Berlin, seinen ersten Saisontreffer erzielt. Bei den Sechzgern war die Stimmung in den Katakomben des Berliner Olympiastadions natürlich ausgelassen, nachdem sie Aufsteiger Hertha BSC besiegt und ihren eigenen Höhenflug zum Saisonende fortgesetzt hatten.
Keine Frage, die Löwen sind sportlich auf einem ordentlichen Weg. Vor knapp zehn Wochen strauchelten sie noch gewaltig und mussten auf die Distanz zu den Abstiegsplätzen schauen. Nun aber, nach fünf Siegen aus den letzten sieben Spielen, haben sie jetzt schon ihr bestes Saisonergebnis seit sechs Jahren erzielt – und zwei Spieltage stehen ja auch noch an.
Dennoch blickten die Sechzger in Berlin neidisch auf die Hertha, deren Fans trotz der Pleite die Erstliga-Rückkehr feierten. Schließlich wollte 1860 ja selbst um den Aufstieg mitspielen. Verteidiger Stefan Buck erklärte: „Die Euphorie hier ist was Tolles. Die haben sich das verdient. Um aufzusteigen, muss man konstant spielen. Das war bei uns nicht der Fall.” Und dennoch sind sie auch bei den Löwen mit sich zufrieden, Aygün meinte gar: „Bei so einem Lauf will man gar nicht, dass die Saison bald zu Ende ist.” Immerhin: Auch 1860 darf sich auf die Zukunft Freude; die AZ zeigt, weshalb der Verein sportlich gute Aussichten hat:
"Bis jetzt haben wir doch vieles richtig gemacht”
Der Kader: Der Großteil des Teams für nächste Saison steht schon. Allerdings gibt es noch ein paar offene Personalien. Neben Stürmer Benny Lauth, dessen Stimmung immer mehr in Richtung Verbleib tendiert, muss sich 1860 auch entscheiden, ob man Aygün halten will. Nachdem der 31-Jährige die längste Zeit der Saison gar nicht gespielt hatte, wurde er in acht der letzten neun Partien eingesetzt, durfte gar sechs Mal von Beginn an ran. Aygün bestach durch Zweikampfstärke und Ruhe am Ball. Auf die Frage, wieso er Aygün keinen neuen Vertrag gebe, sagte Präsident Schneider: „Eins nach dem anderen. Bis jetzt haben wir doch vieles richtig gemacht.” Trainer Reiner Maurer sagte in Berlin: „Ich hatte bei ihm lange Bedenken wegen der gesundheitlichen Probleme. Aber jetzt stimmt die Leistung. Das zählt.”
Auch die Zukunft von Benny Schwarz ist offen. Der Außenverteidiger war in den ersten 25 Spielen gar nicht eingesetzt worden, in den sieben Partien seither aber fünf Mal. Zwar lobte Maurer in Berlin nach Schwarz’ Startelfdebüt: „Grundsätzlich bin ich mit ihm zufrieden.” Allerdings ist der 24-Jährige enorm verletzungsanfällig.
Die Harmonie: „Im Moment”, findet Dribbler Daniel Halfar, „macht's einfach Spaß hier. So kann’s weitergehen.” Die Löwen wirken tatsächlich von Woche zu Woche harmonischer. Mit Blick voraus erklärt Halfar: „Jeder kennt jeden schon. Wir brauchen keine Eingewöhnung mehr.” Buck ergänzt: „Es stimmt einfach bei uns – und zwar in der ganzen Mannschaft.” Auch Boss Schneider meint: „Wir haben ein hungriges Team. Die Charaktere passen. Da wächst was zusammen. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist nicht zu übersehen.” Und Maurer erklärte: „Die Mannschaft hat sich gefunden, ist auf dem richtigen Weg.”
Die Qualität: Die Löwen sind ihr Mittelfelddasein leid. Denn bei 24 der bislang 32 Spieltage standen sie in der Tabelle zwischen Platz acht und elf. Buck sagt dazu: „Unsere Ansprüche sind höher. Keiner will sich mit Platz acht oder neun zufrieden geben.” Die einzelnen Spiele geben Mut, Buck erklärt: „Ich bin fast froh, dass wir die verlorenen Spiele selbst verschuldet haben. Der Gegner war fast nie besser als wir. Unsere Qualität stimmt.” Auch Chefcoach Maurer meinte nach dem Sieg in Berlin: „Wir haben die beste Mannschaft der Liga zwei Mal geschlagen. Das zeigt unser Potenzial.”