TSV 1860: Die blauen Mutmacher

Beim 1:1 im Test gegen Manchester City zeigt die neue 1860-Mannschaft vielversprechende Ansätze und überzeugt auch den Ex-Bayern Santa Cruz: „Ich traue Sechzig den Aufstieg zu“
MÜNCHEN Plötzlich war er eingekreist im Stadion am Birkenmoos in Rottach-Egern. Eine Traube hektischer Autogrammjäger bildete sich um Roque Santa Cruz (27), den früheren Bayern-Star und neuen Hoffnungsträger von Manchester City. Beim 1:1 im Testspiel gegen den TSV 1860 fehlte der Torjäger noch angeschlagen; umso mehr Zeit blieb dem bekanntermaßen wohlerzogenen Santa Cruz, Autogrammwünsche zu erfüllen – und sich ein Bild von der neuen 1860-Mannschaft zu machen.
Auch in seinem Urteil über die Blauen war der frühere Rote sehr höflich: „Ich traue Sechzig den Aufstieg zu“, sagte Santa Cruz mit freundlichem Lächeln. Er erwarte, „dass die Löwen einen Platz in der Zweiten Liga erreichen können, der für die Bundesliga reicht“. Was Santa Cruz besonders gut bei 1860 gefallen hat: „Die Löwen wirken sehr fit, schalten schnell um.“
Auch sonst gab sich der Zweitligist im Härtetest gut sortiert gegen die Millionentruppe aus der Premier League. Ist das die Handschrift des neuen Trainers, Ewald Lienen? Was sonst gegen die B-Elf der Engländer aus Löwen-Sicht noch positiv war:
Die Effizienz
Klar, Chancen hatte der TSV 1860 nicht allzu viele gegen die Briten. Aber das herrliche Freistoß-Tor von Alexander Ludwig in den Winkel (41.) machte den Löwen-Fans Hoffnung, dass es in der neuen Mannschaft endlich wieder jemanden geben könnte, der den ruhenden Ball beherrscht. Dafür gab’s auch ein Kompliment von Santa Cruz: „Das war ein Super-Tor.“ 1860-Sportdirektor Miki Stevic sagte lächelnd: „Wir wussten vorher, dass Alexander gute Freistöße schießt.“ Auch deswegen hatten ihn die Löwen ja vom Ligarivalen FC St. Pauli geholt.
Die Sicherheit
Beeindruckend, wie Gabor Kiraly, die neue Nummer 1, die Mannschaft von hinten heraus ordnete. Ein Plus gegenüber der Vorsaison mit Michael Hofmann oder Philipp Tschauner im Tor. „Wir stehen nicht schlecht“, lobt Stevic, „Gabor schiebt die Mannschaft immer wieder aus dem Strafraum.“ Bei ManCitys 1:1 war Kiraly machtlos: Torschütze Valerie Bojinov, bulgarischer Nationalspieler, stand ziemlich deutlich im Abseits.
Die Überraschung
Eigentlich galt Offensivspieler Jose Holebas (25) im Mai noch als Streichkandidat im 1860-Kader. Das änderte sich, als Trainer Ewald Lienen seinen Dienst antrat. Der Coach befürwortete, dass Holebas einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag erhielt. Gegen ManCity war Holebas nun bester Löwe. Nicht im Mittelfeld oder im Sturm, sondern links in der Viererkette. Lienen anerkennend: „Wenn Jose ein Probespieler gewesen wäre, dann hätten die Fans für ihn ,La Ola’ gemacht.“ Holebas ist in seiner neuen Rolle wohl mehr als ein Experiment.
Der Zuspruch
Logisch, der Löwen-Fan ist schnell zu begeistern – schließlich hält die Leidenszeit in der Zweiten Liga nun schon fünf Jahre an. Doch Manfred Stoffers, der 1860-Geschäftsführer, will jetzt „eine Aufbruchstimmung“ spüren. Nach Rottach kamen 3000 Löwen-Fans. „Was ich feststelle“, sagt Stoffers, „ist, dass die Enttäuschung der letzten Saison einer optimistischen Erwartung weicht. Die Fans sehen endlich ein sportliches Konzept. Ihnen gefällt auch, dass unter Lienen härter trainiert wird.“ Das belege auch der Dauerkarten-Verkauf. Stoffers: „Wir liegen nur noch ein paar Karten unter dem Vorjahres-Wert (12500, d. Red.). Da kommen wir heuer sicher drüber.“
Am Montag um 8.30 Uhr fahren die Löwen ins Trainingslager nach St. Johann (Pongau): Ohne den verletzten Kapitän Daniel Bierofka, dafür mit dem albanischen Probespieler Kushtrim Lushtaku, der am Freitag beim 9:0 gegen Wolnzach zwei Tore erzielte. „Der könnte ein Thema für uns werden“, sagt Lienen. Also noch einer, der Hoffnung macht?
Oliver Griss