TSV 1860: Betriebsbedingte Angst

Auch nach den Gehaltskürzungen gibt es bei den Löwen neue Unruhe. 1860 muss der DFL bis Mitte Januar fünf Millionen Euro nachweisen. Pressechef Hettich wird gekündigt, weitere folgen
INGOLSTADT Sie gaben ein ganz gutes Bild ab in Ingolstadt. Tausende Fans waren in den Audi Sportpark mitgereist und bescherten den Löwen das erhoffte Heimspiel, einige verletzte Amateurspieler kamen, das gesamte Präsidium war da, Geschäftsführer Robert Schäfer zeigte sich in lässiger Lederjacke. Und ja, auch Teammanager Robert Hettich saß auf der Bank. Mit einem Lächeln. Und das, obwohl ihm Schäfer in der vergangenen Woche betriebsbedingt gekündigt hatte.
„Ich bin gut drauf. Aber auch nur, weil mir unser Mannschaftsarzt eine Spritze gegen die Grippe gegeben hat. Mir geht's wieder besser", sagte Hettich, der in Wirklichkeit zwei Wochen vor Weihnachten verzweifelter kaum sein könnte. Und deswegen sagte er auch: „So lange ich nichts schriftlich habe, beschäftige ich mich nicht damit." Er lenkt sich ab und sagt, „ich konzentriere mich auf meine Aufgabe bei der Mannschaft." Dass die für Hettich bittere Nachricht bald in der Post liegen könnte und dass noch weitere Kündigungen folgen dürften, bestätigte Vizepräsident Dieter Schneider am Sonntag: „Wir machen kein Geheimnis daraus, dass es im Rahmen der Sanierung auch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen könnte. Wir müssen härter sein, als wir es wollen. In der Weihnachtszeit ist das besonders unschön. Aber wir haben einen strengen Zeitplan, an den wir gebunden sind." Bei den Mitarbeitern herrscht betriebsbedingte Angst.
Hettich ist nach AZ-Informationen mehrfach mit dem Geschäftsführer aneinandergeraten, weil ihm Schäfer vorgeworfen haben soll, dass die nicht für den Kader berücksichtigten Profis bei Heimspielen nicht wie verlangt eine Stunde vor Anpfiff im Businessclub erschienen. Das Mitleid der Löwen-Bosse wird ihn kaum trösten. „Mir fällt das bestimmt nicht leicht“, rechtfertigte sich Schäfer, dem nun schwant, dass es nicht passend war, dass er seine Einigung mit dem Betriebsrat zur zehnprozentigen Gehaltsreduzierung der gesamten Belegschaft zunächst als Sieg für ihn dargestellt hatte. „Es war eine bittere Maßnahme, die erfolgen musste. Die Zehn-Prozent-Kürzung ist eine Belastung für alle und kein Sieg für die Geschäftsführung. Sanierung macht keinen Spaß", sagte er nun. Am Freitag hatte er in der AZ noch von einem „klaren Erfolg für mich" gesprochen – nur wenige Stunden nachdem er Hettich gekündigt hatte, als der gerade seine unterschriebene Änderungskündigung zum Zehn-Prozent-Verzicht abgeben wollte. „Wir mussten zeigen, dass es uns ernst ist", sagte Schäfer nun.
Als Nachfolger Hettichs, zuletzt in Doppelfunktion als Teammanager und Pressesprecher tätig, steht für die Pressearbeit die Ex-Praktikantin Lil Zercher (25) bereit. „Wir haben diesen Schritt jetzt offiziell gemacht", so Schäfer. Wer Teammanager werde, wollte er nicht sagen. Er muss sich Gedanken darüber machen, wie er bis zum 14. Januar („Dann muss ich alles einreichen, was zur Nachlizenzierung nötig ist") den Nachweis der Zahlungsfähigkeit für die Rückrunde erbringen kann. Laut „SZ“ muss er dann 5,3 Millionen Euro nachweisen, für 1860 ein Betrag in kaum zu leistender Höhe. „Ich werde die Zahl nicht kommentieren", sagte Schäfer am Sonntag.
Bis zum 15. März muss er bei der Liga dann nachweisen, wie er das neue Saison finanziell zu bewältigen gedenkt - und später müsse in einem dritten Schritt die generelle Zukunftsplanung erläutert werden. Immerhin gab sich Schäfer Mühe, die Fans, die sich um die nahe Zukunft des Vereins fürchten, zu beruhigen. „Wir werden diese Saison überstehen. Wir werden auch die nächsten drei Jahre überstehen. Und wenn es nach mir geht, werden wir auch die nächsten 150 Jahre überstehen."
Marco Plein