Löwen-Präsident Reisinger "Das Fan-Herzstück eines Vereins kommt immer aus der Kurve"

AZ-Talk im Deutschen Theater: Robert Reisinger, der Präsident des TSV 1860, nimmt auf dem blauen Sessel Platz und spricht über die Löwen, die Fans und das Verhältnis zu Sechzig-Investor Hasan Ismaik.
von  AZ
Sorgt immer wieder für Diskussionen: Das Symbol mit dem durchgestrichenen Konterfei von 1860-Investor Hasan Ismaik.
Sorgt immer wieder für Diskussionen: Das Symbol mit dem durchgestrichenen Konterfei von 1860-Investor Hasan Ismaik. © IMAGO/Mladen Lackovic

München - Er ist Präsident des ewig emotionalen und leidenschaftlich begleiteten TSV 1860 - und war am Mittwochabend im Rahmen der AZ-Gesprächsreihe "Das rote Sofa - Themen, die München bewegen" auf einem eigens bereitgestellten blauen Höffner-Sessel zu Gast. Robert Reisinger, der Boss der Löwen sprach im Rahmen des Jubiläums zum 75. Bestehen der Abendzeitung über die Themen, die ihn und Sechzig bewegen, über:

Die Fan-Proteste gegen Ismaik: Wir finden die Fahnen nicht schön, aber wir leben in Deutschland und da gibt's das Recht auf freie Meinungsäußerung. Wenn es mal eine Anti-Reisinger-Fahne geben sollte, würde ich hingehen und das Gespräch suchen. Das wäre auch mein Ansatz mit der Ismaik-Fahne. Da gab es ja Geschehnisse, die eine solche Reaktion hervorrufen. Man muss die Ursache angehen, das kann nur die Investorenseite machen. Und wenn Forderungen kommen, wie: ‚Da muss halt ein Ordner rein und den rausziehen.' Dann sage ich: Da haben wir dann bürgerkriegsähnliche Verhältnisse, weil sich dann Leute solidarisieren, die der Sache eigentlich neutral gegenüber stehen.

Robert Reisinger: So ist das Verhältnis zu 1860-Investor Hasan Ismaik

Das Verhältnis zum Gesellschafter: Ich will eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit Herrn Ismaik und fühle mich weder unterdrückt, noch lasse ich mich unterdrücken, noch werde ich Herrn Ismaik unterdrücken. Ich versuche, diese Partnerschaft zu leben, in der man als gleichberechtigter Partner in die Diskussion geht. Da geht es gar nicht um 50+1, bis auf zwei Ausnahmen haben wir nie auf dieses Machtinstrument gedrungen, sondern immer versucht, im Dialog eine Lösung zu finden.

AZ-Chefredakteur Michael Schilling, 1860-Präsident Robert Reisinger und Ruben Stark, 1860-Reporter der Abendzeitung (v.l.)
AZ-Chefredakteur Michael Schilling, 1860-Präsident Robert Reisinger und Ruben Stark, 1860-Reporter der Abendzeitung (v.l.) © Daniel von Loeper

Das Zusammenspiel der Gesellschafter: Wir sind im regen Austausch mit den Gesellschaftervertretern. Das ist auch so gewünscht von Herrn Ismaik. Wir haben uns auf einen Trainer geeinigt, es gab vielleicht die eine oder andere Diskussion. Der Sportliche Leiter hat entschieden, dass es ein guter Coach ist. Gut Ding will Weile haben.

Reisinger: "Ich sehe keine Parallelen zu 2017"

Die aktuelle sportliche Situation: Ich sehe keine Parallelen zu 2017. Jeder weiß, wo der Hase im Pfeffer liegt. Damals war es gar nicht fassbar, dass ein sportlicher Misserfolg drohen könnte. Ich kann jedem Fan sagen, so blauäugig laufen wir nicht in Richtung Ende der Saison. Jeder weiß, dass wir erstmal die nötigen Punkte gegen den Abstieg holen müssen. Nach einem Sieg aus zwölf Spielen braucht keiner mehr vom Aufstieg reden, da machen wir uns lächerlich.

Investitionen in das Grünwalder Stadion: Wir haben eine Diskussion mit der Stadt, weil wir sagen, wir brauchen in der Zweiten oder Dritten Liga eine Zuschauerkapazität von 21.000 bis 24.000 Leuten. Es geht um die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Wir können mit 18.000 Zuschauern Geld verdienen, wenn wir VIP-Gäste ordentlich bewirten können. Aus emotionaler Sicht ist das anders. Mit 21.000 bis 24.000 Zuschauern hätten wir eine Auslastung von 99 Prozent über alle Spiele.

"Der Löwe steckt den Kopf nicht in den Sand, wir sind ja keine Giraffen"

Eine Verbleibgarantie: Wenn wir die finanziellen Konditionen kennen, kann ich mir das vorstellen. Wenn wir das normale Prozedere durchgehen, ist ein Neubau immer noch denkbar, weil wir in der Zwischenzeit ja irgendwo spielen müssen. Ich sage nicht: Giesing und sonst gar nix, sondern es muss ein tragfähiges Konzept sein. Fakt ist: 1860 muss sein Stadionproblem allein lösen. Im Moment halte ich Stadion-Utopien von einem Neubau für nicht angemessen. Wir müssen uns erst wirtschaftlich konsolidieren, dann sportlich - dann können wir Gedankenspiele machen.

Kurzfristige Ziele: Kurzfristig hatten wir uns entschlossen, dass wir dieses Jahr aufsteigen wollen. Jetzt heißt es, Mund abputzen und dann greifen wir nächstes Jahr wieder an. Der Löwe steckt den Kopf nicht in den Sand, wir sind ja keine Giraffen.

"Wir sind das gallische Dorf unter den deutschen Klubs und ich bin der Verleihnix"

Den Verein: Ich mag den ganzen Verein, so wie er ist, auch wenn es leicht chaotisch rüberkommt. Ich sage immer, wir sind das gallische Dorf unter den deutschen Klubs und ich bin der Verleihnix. Untereinander streiten wir, aber nach außen treten wir geschlossen auf. Klappt nicht immer, aber oft. Die Essenz von 1860 macht aus, dass es keine Ressentiments gibt, sondern wir sind einfach Löwen und definieren uns als Gemeinschaft der Löwen. Das ist für mich die Identität.

Profifußball bei 1860: Es braucht Profifußball beim TSV 1860. Und ja, in der höchsten Liga, die möglich ist, das ist die Bundesliga. Jeder Löwe, egal in welcher Abteilung, träumt davon, dass die Profis wieder in der Bundesliga spielen.

Reisinger: "Das Fan-Herzstück eines Vereins kommt immer aus der Kurve"

Die neue Turnhalle: Die Stadt ist sehr offen. Wir haben einen abgeschlossenen Bauplan und versuchen, Zuschüsse zu bekommen, aber dazu müsste der Erbpacht-Vertrag mit der KGaA gesplittet werden. Da gebe es in meinen Augen sehr viele Vorteile. Die Halle mit allem Drum und Dran kostet zwischen 15 und 20 Millionen. Das kann die KGaA nicht finanzieren und deshalb bieten wir an, dass wir diesen Bau finanzieren. Es ist nicht einfach, aber es würde viel Unterstützung geben. Wir könnten frühestens in zwei Jahren anfangen. Mein grober Plan wäre: Ich werde hoffentlich 2025 wieder gewählt, dann würde ich gerne 2028 am letzten Tag meiner Amtszeit das Band durchschneiden.

Sich als Präsident der Kurve: Ich möchte mir nicht anmaßen, dass ich ein Präsident aus der Kurve bin. Aber das Fan-Herzstück eines Vereins kommt immer aus der Kurve. Da liegt die Fan-Liebe, das unbedingte Zum-Verein-Halten-Wollen. Wir werden nicht umhinkommen, ihnen zuzuhören. Sie wollen nur sportlichen Erfolg und dass der Verein gut dasteht.

Das stabile Löwen-Konstrukt der Zukunft: Der Trainer trainiert, die Spieler spielen, die Fans unterstützen, der Präsident präsentiert und der Investor investiert. Wenn wir das über die nächsten sechs Jahre wirklich alle verinnerlichen und alle danach handeln, dann sind wir nicht mehr aufzuhalten.

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