TSV 1860: Als das Grünwalder Stadion in Flammen stand
In der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1971 bricht in der Heimstätte des TSV 1860 München ein Brand aus. Die Haupttribüne des Grünwalder Stadions steht in Flammen. Schon am Folgetag wird dort wieder ein Spiel ausgetragen.
München - Es waren Geräusche, wie man sie im Grünwalder Stadion seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr vernommen hatte. Sirenen heulten, Holz knisterte im Feuer und aus den Löschschläuchen zischte das Wasser. In der Nacht vom 29. auf den 30. Januar 1971 brannte Münchens Fußball-Tempel lichterloh. Die Haupttribüne stand in Flammen.
Um 1.32 Uhr wurde die Feuerwehr alamiert und rückte rund sechs Minuten später mit vier Löschzügen an der Grünwalder Straße an. Die Feuerwehrautos fuhren allerdings nicht ins Stadion, da die Einsatzkräfte den Rasen nicht beschädigen wollten. Das Tribünendach wurde mithilfe von Drehleitern von der Volckmerstraße aus gelöscht. Vom Stadioninnenraum aus wurden die Holzbänke gewässert. Rund 90 Feuerwehrmänner waren in dieser Nacht im Einsatz, es dauerte bis 2.45 Uhr, bis der Brand gelöscht war. Die Nachlöscharbeiten waren sogar erst um 5 Uhr früh beendet.
Grünwalder Stadion: Polizei ging von Brandstiftung aus
Sämtliche Holzteile von Bänken, Wand- und Dachverkleidung wurden durch das Feuer zerstört. Auch die Stahlkonstruktion des Dachstuhls, die Reporterkabinen und die Umkleideräume der Mannschaften wurden beschädigt. Am Folgetag nahmen die Behörden Ermittlungen auf, es wurde von Brandstiftung ausgegangen. Zwei Zeugen hatten unmittelbar nach Ausbruch des Feuers vier Männer aus dem Stadion laufen sehen - zudem wurden auf den Bänken Reste einer brennbaren Flüssigkeit gefunden.

Die Ermittler glaubten, dass die Brandstifter zu einer Gruppe von Personen gehörte, die schon in den Wochen zuvor Anschläge auf Polizei und Justiz verübt hatte. Der TSV 1860 und der FC Bayern setzten für Hinweise, die zur Ergreifung der Schuldigen führen würden, eine Belohnung von 5.000 DM aus. Allerdings konnten die Täter nie gefunden werden.
TSV 1860 bestreitet Heimspiel gegen Viktoria Aschaffenburg
Zuerst einmal stand der TSV 1860 vor einem logistischen Problem: Am 30. Januar war für 14.30 Uhr ein Regionalliga-Heimspiel der Sechzger gegen Viktoria Aschaffenburg angesetzt. Der Verein wollte ein Absage unbedingt verhindern und für eine Verlegung ins Dantestadion reichte die Zeit nicht mehr. Der damalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel gab das Grünwalder Stadion widerwillig frei.
Die Bedingungen waren alles andere als ideal: Die Haupttribüne wurde zwischen den Fluglichtmasten abgesperrt, da man herunterfallende Teile des zertörten Dachs befürchtete. Da die Umkleidekabinen nicht genutzt werden konnte, zogen sich die Spieler auf dem Trainingsgelände um und fuhren danach mit Bussen zum Stadion. Für Trainer und Ersatzspieler wurden provisorische Bänke hinter den Toren aufgestellt. Pressevertreter wurden in die Stehhalle gebeten.

Durch das Löschwasser war der Rasen aufgeweicht und matschig. Sechzig siegte mit 3:1 - aber das sportliche Geschehen stand an diesem Tag im Hintergrund. Die Löwen hatten mit rund 10.000 Fans gerechnet - es kamen 15.000 Anhänger, die ihren Verein in schweren Zeiten unterstützten. Die Spieler bedankten sich für die Solidarität und warfen Blumensträuße ins Publikum.
"Es machte sich fast eine Familienstimmung auf den Rängen breit, denn in der Not rückt man halt stärker zusammen", beschrieb der "Münchner Merkur" damals die Atmosphäre. Die Reparaturarbeiten dauerten noch bis Juli 1971.
Quelle: "Kultstätte an der Grünwalder Straße" von Roman Beer
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